Familie musste Peiniger der Tochter 4 Jahre lang entschädigen

Das Berufungsgericht in Bologna
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Von Lillo Montalto MonellaAlexandra Leistner
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In Italien hat ein Gericht ein Urteil aufgehoben, nach dem die Familie eines von ihrem Lehrer sexuell missbrauchten Mädchens dem verurteilten Peiniger vier Jahre lang Entschädigung zahlen musste.

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Ein italienisches Berufungsgericht hat ein Urteil wiederrufen, das die Eltern eines sexuell missbrauchten Mädchens verpflichtete, über einen Zeitraum von vier Jahren mehrere Tausend Euro an ihren Peiniger zu zahlen.

Für das Opfer, das 2014 Suizid begang, kam die Entscheidung zu spät.

Der Fall reicht mehr als ein Jahrzehnt zurück. Während ihrer Schulzeit am Faenza Art Institute in der Nähe von Bologna wurde die damals 15-jährige Elisa Zaccarelli von ihrem Lehrer Ezio Foschini über ein Jahr lang sexuell missbraucht.

Foschini wurde in einem Strafverfahren für schuldig befunden. Die Entscheidung wurde zweimal in der Berufung bestätigt. Er wurde zu drei Jahren Gefängnis und zu Schadensersatz in Höhe von 53.000 Euro verurteilt, die auch die Kosten der psychischen Behandlung des Mädchens deckten.

Der Vergleich wurde einem Zivilgericht zur Bestätigung vorgelegt.

Foschini begann sein Vermögen auf seine Eltern und Freunde zu übertragen, um eine Haftung zu vermeiden. "Er gab seinen BMW an einen Freund und ließ es so aussehen, als ob er in einem zerstörten Bauernhaus lebte. Er ließ sein gesamtes Geld verschwinden", sagte der Anwalt der Familie Zaccarelli, Lorenzo Valmigli im Gespräch mit euronews. "Wir wissen, dass er mehrere Bankkonten hatte, weil er in der Universität für seine Vorliebe für Börsenhandel bekannt war."

Ermittler untersuchten seine Finanzen und verurteilten ihn in einem zweiten Verfahren wegen Betrugs. Der aus dem Dienst entlassene Lehrer erhielt eine weitere Haftstrafe von einem Jahr wegen Nichterfüllung eines Gerichtsbeschlusses.

Das entscheidende Expertenurteil

Allerdings stellte der Richter in erster Instanz im Zivilprozess die Sperrung eines Bankkontos in Frage und ordnete ein Gutachten an. Ein Experte kam zu dem Schluss, dass das Konto allein Foschinis Vater gehörte und nicht Vater und Sohn gemeinsam - die Sperrung und Beschlagnahmung des Geldes sei also nicht rechtens gewesen.

Trotz der strafrechtlichen Verurteilung des Lehrers wurde die Familie des Opfers angewiesen, ihm Prozesskosten und "moralischen Schadenersatz" in Höhe von rund 30.000 Euro für die "rechtswidrige" Beschlagnahme des Geldvermögens zu zahlen.

Die monatlichen Zahlungen von rund 300 Euro belasteten die Familie, die alles andere als vermögend ist: Elisas Vater hatte einen Fabrikjob, ihre Mutter Stefania war ohne feste Anstellung. Das Paar hat neben der Tochter einen Sohn.

Innerhalb von sechs Monaten nach dem Urteil des Zivilgerichts beging Elisa Suizid.

"Nichts und niemand wird uns Elisas Lächeln zurückgeben"

Fast vier Jahre später hat das Berufungsgericht in Bologna diese Entscheidung in erster Instanz aufgehoben. Foschini, der von der Kunstschule wegen des Falles entlassen wurde, soll nun eine Entschädigung von rund 90.000 Euro an die Familie des toten Mädchens zahlen.

"Der Skandal ist, dass das erste Zivilurteil, das schändlich und abscheulich war, am Ende zweimal ein Mädchen verurteilte, das bereits tramatisiert war", sagt Lorenzo Valmigli. "Das wurde jetzt um 360 Grad gedreht."

Elisa Zaccarellis Vater Davide freute sich über die Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Familie musste einen Online-Aufruf starten, um die Gerichtskosten zu decken. Der Fall wurde auch im italienischen Parlament diskutiert, wo die Abgeordneten den Justizminister aufforderten einzugreifen.

"Nichts und niemand wird uns Elisas Lächeln und Präsenz zurückgeben", fügt er hinzu. "Jede Gerichtsverhandlung war wie ein Stich in mein Herz und in das von Stefania und trägt zu Riccardos stillem Schmerz bei."

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