Die Abgeordneten der Regierungspartei PiS haben für ein Gesetz gestimmt, das Disziplinarmaßnahmen für Richter vorsieht, die Kollegen anzweifeln. Die Opposition und die Europäische Kommission sehen darin die Unabhängigkeit der Justiz stark beeinträchtigt.
Das polnische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz mit absoluter Mehrheit verabschiedet, dass Disziplinarmaßnahmen im Justizwesen vorsieht. Für das Gesetz stimmten über die Hälfte der 448 Abgeordneten. Die Regierungspartei PiS verteidigt das Gesetzesvorhaben:
Proteste im ganzen Land
In Polen selbst regt sich Widerstand gegen die Justizreform. Bürgerplattformen riefen in mehreren Städten zu Protesten auf. Mehrere Tausende schlossen sich diesen am Mittwoch Abend an, als der neue Gesetzesentwurf der regierenden PiS-Partei noch zur Abstimmung im Parlament ausstand. Die Demonstranten wollen ein "Maulkorb"-Gesetz für Richter verhindern: Richter, die die Ernennung von Kollegen anzweifeln, sollen sanktioniert werden.
Kritik von der EU
Aus der Opposition im polnischen Parlament kommt heftiger Gegenwind und auch aus Brüssel hagelt es Kritik am Gesetz: Die Europäische Kommission hatte Polen angehalten, das Gesetzesvorhaben zu kippen. Es verstoße gegen die Grundwerte der EU.
Gesetz nach Rüffel vom Obersten Gerichtshof in Polen abgeschwächt
Anfang des Monats urteilte das Oberste Gericht Polens, das wesentliche Teile der Reform gegen diese Grundregeln verstoßen: Die von der PiS-Partei reformierte Richterberufung genauso wie eine neue "Disziplinarkammer", die ebenfalls Richter degradieren oder rauswerfen kann, ist verfassungswidrig. Das nun vom Parlament votierte Gesetz schwächt den Sanktionskatalog mit Hinblick auf dieses Urteil zumindest ab.
Das Gesetz zur Verschärfung der Disziplinarverfahren für die Justiz wurde als Reaktion auf einen Streitfall ausgearbeitet, in dem eine Kammer des Obersten Gerichtshofs erklärte, dass die Richter einer anderen Kammer desselben Gerichts nicht rechtmäßig ernannt worden seien, da sie vom Nationalen Justizrat, einem nunmehr vom Parlament gewählten Gremium, ernannt worden seien.