Gemeinsames Gedenken an NS-Opfer: Rivlin und Steinmeier im Bundestag

75 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz hat der israelische Präsident an Deutschland appelliert, im Kampf gegen Antisemitismus voranzugehen. Reuven Rivlin sprach während der jährlichen Gedenkstunde für die Millionen Opfer der NS-Massenvernichtung im Bundestag in Berlin. Der Kampf gegen Hass müsse hartnäckig Generation um Generation weitergeführt werden, so Rivlin. Deutschland komme dabei eine besondere Rolle zu.
"Liebe Frau Bundeskanzlerin", so der Präsident an Angela Merkel gerichtet, "Sie wurden oft zu Recht als die treibende Kraft der freien Welt bezeichnet. Deutschland trägt eine riesige Verantwortung auf seinen Schultern, vor allem, weil wir in Europa und anderen Teilen der Welt wieder verschiedene Strömungen sehen. Europa wird von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht."
Der deutsche Präsident Frank Walter Steinmeier dankte Rivlin für dessen Besuch. Er sei dankbar für dieses Zeichen der Verbundenheit und verstehe es als Verpflichtung: "Als Verpflichtung uns der Hand, die Israel uns gereicht hat, würdig zu erweisen", so Steinmeier, "weil ich weiß, die Versöhnung ist eine Gnade, die wir Deutschen nicht erhoffen konnten oder gar erwarten durften. Aber wir wollen ihr gerecht werden. Herr Präsident Rivlin, wir werden nicht vergessen und wir stehen an der Seite Israels."
Steinmeier: "Wünschte, ich könnte sagen, wir Deutsche haben verstanden"
Steinmeier sagte weiter: "Ich wünschte, ich könnte mit Überzeugung sagen, wir Deutsche haben verstanden. Doch wie kann ich das sagen, wenn Hass und Hetze sich wieder ausbreiten. Wenn das Gift des Nationalismus wieder in Debatten einsickert, auch bei uns."
Es war das erste Mal, dass die Staatsoberhäupter sowohl Deutschlands als auch Israels bei der Gedenkstunde zugegen waren und Reden hielten. Rivlin und Steinmeier nahmen bereits am Montag bei der Gedenkfeier am Konzentrationslager Auschwitz teil.