Visa für 12 Monate: Estland setzt auf "Explosion" digitaler Nomaden

Die estnische Hauptstadt Tallinn an der Ostsee
Die estnische Hauptstadt Tallinn an der Ostsee Copyright David Keyton/Copyright 2019 The Associated Press. All rights reserved.
Von Janis Laizans mit Euronews
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Estland hat weder große natürliche Ressourcen noch bedeutende Industrien. Deshalb setzt das Land, das in vielen Bereichen als digitales Vorbild gilt, seit heute mit speziellen Visa auf digitale Nomaden.

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Ehemalige sowjetische Fabriken, die in moderne Arbeitsräume umgewandelt wurden, sind in der estnischen Hauptstadt Tallinn bereits ein gewohntes Bild.

Und solche Orte werden bald noch belebter werden. Das Digitale Nomadenvisum wird Menschen ermöglichen, 12 Monate im Land zu bleiben und zu arbeiten, einschließlich 90 Tage für Reisen durch Europa. An diesem Samstag treten die Visa in Kraft.

Da das Land über keine nennenswerten natürlichen Ressourcen oder bedeutende Industriezweige verfügt, sieht die Regierung den digitalen Lebensstil als die beste Möglichkeit, Estlands Wirtschaft anzukurbeln.

Das e-Residency-Programm hat schon 70.000 Menschen angezogen und ihnen online Zugang zu Regierungsdiensten ermöglicht. Seit seinem Start im Jahr 2014 haben die e-Residents Estland 41 Millionen Euro eingebracht.

Ott Vatter ist der Direktor des staatlichen e-Residency-Programms: _"Weil wir so klein sind, brauchen wir mehr Menschen, um unsere Wirtschaft etwas zu vergößern, und um mehr Einwohner zu bekommen."
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Nicht nur Freiberufler sind angesprochen

Barbados, Portugal, die Tschechische Republik und einige andere Länder haben ähnliche Angebote, die sich jedoch in erster Linie an Freiberufler richten. Estland ist eines der ersten Länder der Welt, das dies auf alle im Ausland tätigen Personen ausdehnt.

Ruth Annus leitet die Einwanderungsabteilung des Innenministeriums: "Gemäß unseres jetzt geltenden Ausländergesetzes ist ein digitaler Nomade eine Person, die aus der Ferne arbeitet".

Ein solcher Nomade ist der Luftfahrt-IT-Spezialist Vivian Dsouza aus Indien: "Menschen wie ich können von überall in der Welt arbeiten. Ich lebe jetzt seit etwa einem Jahr in Singapur und arbeite als digitaler Nomade. Ich wünsche mir einen Tapetenwechsel, und da ich kein Büro in Europa habe, macht das sehr viel Sinn."

Während der Coronavirus-Pandemie ist das Arbeiten aus der Ferne zu einer neuen Normalität geworden, und das gibt Estland Anlass zu der großen Hoffnung, dass es einen Anstieg der digitalen Nomaden geben wird.

"Explosion" digitaler Nomaden?

Karoli Hindriks ist Geschäftsführer der Arbeitsvermittlung Jobbatical: "Plötzlich haben wir Millionen von Menschen, die wissen, dass sie aus der Ferne arbeiten können. Ihre Arbeitgeber wissen, dass sie aus der Ferne arbeiten können. Ich erwarte und sage voraus, dass die Zahl der Menschen, die als digitale Nomaden arbeiten, explodieren wird."

Euronews-Korrespondent Janis Laizans kommentierte in Tallinn: "_Es gibt keine genaue Zahl, wie viele digitale Nomaden es auf der Welt gibt. Mit einer vor der Pandemie aufgestellten Schätzung wollte Estland jährlich bis zu 2.000 Menschen anziehen."
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