Bald alle geimpft? Wenn Pflegekräfte sich nicht impfen lassen wollen

Impfen in Köln
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Von Euronews mit dpa, WAZ, Ärzte-Zeitung
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Vielerorts fehlt es an Impfstoff und viele Menschen, die gerne schnell geimpft werden wollen, können es noch nicht. Doch es gibt auch Pflegerinnen und Pfleger, die sich nicht impfen lassen wollen.

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Auf Twitter informiert Herr Pfleger darüber, wie es ihm geht, seit er sich gegen das Coronavirus hat impfen lassen. Er schreibt: "Tag 3 nach der Impfung: - Temperatur 39,3°C - Nase zu - Schüttelfrost - Gliederschmerzen." Doch Herr Pfleger betont auch, er wolle nicht von der Impfung abraten.

Während es vielerorts noch an Impfstoffen fehlt und viele, die sich sehr gerne impfen lassen würden, noch nicht geimpft werden können, gibt es auch diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen. Dabei sind Beschäftigte in medizinischen Berufen Vorbilder für den Rest der Gesellschaft, schreibt die Ärzte-Zeitung.

Umfrage: 50 Prozent der Pflegerinnen und Pfleger wollen sich nicht impfen lassen

Tatsächlich wollen sich laut einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vom Dezember zwar 73 Prozent der Ärztinnen und Ärzte, aber nur knapp 50 Prozent der Pflegerinnen und Pfleger gegen SARS-CoV-2 impfen lassen.

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), Professor Thomas Mertens, meint, dass Pflegekräfte nicht unbedingt besser über die Impfungen informiert seien als der Rest der Bevölkerung.

In der WAZ berichtet eine Krankenschwester aus Bochum, die anonym bleiben möchte, dass sich Kolleginnen nicht impfen lassen wollen. "Die erzählen mir, dass sie aus Angst um ihre Gesundheit erst abwarten wollen oder grundsätzlich keine Impfe haben wollen. Eine meinte sogar, sie könne dann nicht mehr ruhigen Gewissens schwanger werden."

Zur besseren Information hat die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) auch ein YouTube-Video zu den mRNA-Impfstoffen veröffentlicht.

Gegen die Impfung als Protest gegen den Arbeitgeber

Viele Menschen in Krankenhäusern könnten nicht unter optimalen Bedingungen arbeiten. Und wenn dann ein Arbeitgeber eine Impfempfehlung abgebe, "löst das vielleicht auch eine gewisse Gegenreaktion aus", erklärt STIKO-Chef Thomas Mertens. In fast allen Kliniken in Deutschland fehlt es an Pflegepersonal - schon seit Jahren.

Unter den Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen gibt es offenbar ebenfalls Widerstand gegen die Impfungen. Beim Pflegepersonal sei die Impfbereitschaft sehr unterschiedlich, sagt Bernd Meurer, der Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). "Wir haben Einrichtungen, wo sich fast 100 Prozent der Mitarbeiter impfen lassen. Und das reicht bis hin, dass sich zwei Drittel nicht impfen lassen."

Bisher bringe eine Impfung gegen das Coronavirus keine berufliche Erleichterung, sagte Bernd Meurer. Die Pfleger müssten auch nach einer Immunisierung noch eine FFP2-Maske tragen. Denn es ist noch nicht klar, ob man trotz der Impfung andere mit dem SARS-CoV-2 anstecken kann. "Wir gehen davon aus, dass die Impfbereitschaft erheblich stiege, würde von geimpften Personen keine Infektionsgefahr ausgehen, womit nach der Impfung berufliche Alltagserleichterungen für die Pflegekräfte einhergehen würden."

Impfungen retten Leben

Professor Markus Zimmermann, Professor für Pflegerische Versorgungsforschung an der Hochschule für Gesundheit (HSG) in Bochum, würde sich selbst sofort impfen lassen. Er sagt in der WAZ: "Die Impfbereitschaft der Pflegekräfte und auch der Ärzte wächst exponentiell, je häufiger sie mit Corona-Patienten zu tun haben."

Angesichts der noch nicht genügend zur Verfügung stehenden Impfdosen erklärten Experten europaweit, dass jeder Tag, an dem nicht geimpft wird, besonders für Risikopatientinnen und -patienten Menschenleben kostet.

Über eine Impfpflicht für Pflegekräfte wird bisher nur nachgedacht.

In den USA zieht ein Krankenhaus in Houston eine Prämie von 500 Dollar in Betracht dafür, dass sich eine Pflegerin oder ein Pfleger impfen lässt. Denn auch unter US-amerikanischem Pflegepersonal gibt es impfgegner.

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