Grüne Woche Brief from Brussels: Postkarte aus Tarent

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Von Alberto De Filippis
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Luftverschmutzung durch die Schwerindustrie ist immer noch ein großes Problem an vielen Orten in Europa. Ein Beispiel aus der historischen Metropole Apuliens.

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Die EU will bis zum Jahre 2050 jegliche Umweltverschmutzung unterbinden. Wie weit sind wir von diesem Ziel entfernt?

Die Antwort: leider noch sehr weit.

Ein Beispiel findet sich in der süditalienischen Metropole Tarent.

Tarent, italienischTaranto ist die Heimat von Ilva, dem größten Stahlwerk Italiens, Teil der Arcelor-Mittal Gruppe. Mittlerweile hält aber auch der Staat wieder bedeutende Anteile und eine Stimmenmehrheit.

Jahrzehntelang stieß Ilva Dioxin und andere hochgefährliche Umweltgifte aus. Mit verheerenden Folgen. Die Rate für Lungenkrebs liegt 30% über dem Durchschnitt, bei allen Atemwegserkrankungen um 50%.

Annamaria Rocchetti, Kinderärztin aus Tarent erläutert gegenüber Euronews:

"Das staatliche Gesundheitsinstitut hat vor zwei Jahren in einer Studie herausgefunden, dass Kinder, die nahe an Schwerindustriestandorten leben, einen Intelligenzquotienten von zehn Punkten weniger haben, als Kinder die nicht an einem solchen Ort leben."

Bis 2012 war das Stahlwerk siebzehn Jahre in Privatbesitz. Die beiden ehemaligen Besitzer wurden am Montag von einem Italienischen Gericht in erster Instanz zu 20 beziehungsweise 22 Jahren Haft verurteilt: wegen krimineller Umweltverschmutzung. Der ehemalige Gouverneur der Region wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Aber das Werk läuft weiter, die Arbeitplätze werden gebraucht.

Alessandro Marescotti ein lokaler Umweltaktivist und Gründer von Peacelink fordert gegenüber Euronews ein radikales Umdenken:

"Wir müssen dieses Leid endlich und endgültig aus der Welt schaffen und mithilfe von Regionalfördergeldern der EU eine ökologische Wende einleiten. Mindestens fünf Milliarden Euro werden hier gebraucht, um die Arbeitsplätze von Ilva in nachhatige und zukunftsfähige zu verwandeln."

Nicht nur die Stadt Tarent und ihre Bewohner und die Arbeiter von Ilva zahlen einen hohen Preis - das tut auch auch das italienische Gesundheitssystem, dass für die vielen Krebspatienten aufkommen muss.

So gesehen ist eine gesunde Umwelt auch gut für die öffentliche Hand.

Dazu erklärt uns Génon Jensen, Gründerin und Direktorin der Umweltgesundheitsorganisation HEAL:

"Luftverschmutzung allein ist für 400.000 Todesfälle pro Jahr in Europa verantwortlich. Das muss nicht sein. Wenn es uns gelingt, die Kosten für das Gesundheitssystem und letztlich für den Steuerzahler den Menschen verständlich zu machen, wird es meiner Meinung nach mehr Unterstützung für eine Politik seitens der EU geben, die das wirklich angeht und zum Besseren verändert."

Die aktuelle Grüne Woche der EU ist nicht zuletzt auch dafür da, den Sinn der Menschen in Europa dafür zu schärfen, wie gemeinsam eine Umwelt ohne Gift geschaffen werden kann. Auch in Tarent.

Journalist • Andreas Rogal

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