SPD, Grüne und FDP wollen in Koalitionsgespräche einsteigen

Hat Deutschland bald eine Ampelkoalition? Die drei Parteien haben jetzt erklärt, dass sie in Koalitionsverhandlungen eintreten wollen.
Hat Deutschland bald eine Ampelkoalition? Die drei Parteien haben jetzt erklärt, dass sie in Koalitionsverhandlungen eintreten wollen. Copyright Michael Probst/AP
Von Euronews
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Die Ampel wird immer wahrscheinlicher: In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben die Spitzen von SPD, Grünen und FDP angekündigt, dass sie Koalitionsgespräche beginnen wollen.

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Wird Deutschland bald zum ersten Mal in seiner Geschichte von einer Koalition aus SPD, Grünen und FDP regiert? Heute haben die Spitzen der Parteien bekanntgegeben, dass sie in Koalitionsgespräche eintreten wollen.

Drei Wochen nach der Bundestagswahl gehen SPD, Grüne und FDP den nächsten Schritt zur Bildung einer Ampel-Regierung. Die Unterhändler der Parteien streben Koalitionsgespräche an. "Wir sind davon überzeugt, dass wir einen ambitionierten und tragfähigen Koalitionsvertrag schließen können", heißt es in einem gemeinsamen Papier der drei Parteien zu den Ergebnissen der Sondierungen, das am Freitag veröffentlicht wurde.

"Die Sondierungsgespräche waren von Vertrauen, Respekt und gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt. Das wollen wir fortsetzen", heißt es in dem Papier.

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin hob SPD-Kanzlerkandidat einen der wichtigsten Punkte hervor, den Ausbau der erneuerbaren Energien:_ "Das eine große Thema ist die industrielle Modernisierung unseres Landes, die so gelingen muss, dass wir es gleichzeitig schaffen, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten. Das bedeutet, dass wir einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen, damit es möglich ist, dass wir so schnell wie möglich auf die Nutzung fossiler Ressourcen verzichten können. Genau das haben wir uns miteinander vorgenommen. Es wird das größte industrielle Modernisierungsprojekt, dass Deutschland wahrscheinlich seit 100 Jahren durchgeführt hat und es wird unserer Wirtschaft und unseren wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten sehr nutzen."_

Die Co-Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, betonte die Kompromissbereitschaft der Beteiligten: "Damit wir nicht nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner weiter Politik in diesem Land machen, sondern in einer Fortschrittskoalition auch für wirkliche Erneuerungen sorgen, war es wichtig, dass bei drei unterschiedlichen Parteien ein Verständnis da ist, dass jeder auch mal was gibt, dass wir die großen Fragen unserer Zeit auch wirklich mutig angehen können. Und mutig angehen können bedeutet dann auch Entscheidungen zu treffen, damit wir bei den Zukunftsfragen die Erneuerungen wirklich in diesem Jahrzehnt auf den Weg bringen können."

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach von einer Zäsur in Deutschland: "Die letzten Tage waren geprägt von einem besonderen Stil. Es haben sich drei politische Kräfte getroffen, die in einem sehr diskreten Rahmen sehr ernsthaft mit Neugier auf die Positionen des Gegenübers Gespräche organisiert haben. Allein dieser Stil markiert schon eine Zäsur in der politischen Kultur Deutschlands."

Falls es zu einer Ampelkoalition kommt, soll der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro erhöht werden. Geplant ist auch, den Kohleausstieg bereits 2030 und nicht spätestens 2038 anzupeilen.

Eine Erhöhung von Einkommens- , Unternehmens- oder Mehrwertsteuer ist offenbar vom Tisch. Das Wahlalter für die Bundestags- und Europawahl soll auf 16 Jahre gesenkt werden.

Die nächsten Schritte

Bei den Grünen soll sich mit dem Ergebnis der Sondierungen noch ein kleiner Parteitag befassen, der kurzfristig am Wochenende tagen könnte. Auch die FDP will Parteigremien mit dem Ergebnis der Sondierungen befassen. Der SPD-Vorstand stimmte bereits kurz nach der gemeinsamen Pressekonferenz einstimmig für Verhandlungen.

Der Start von Koalitionsverhandlungen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen Regierung. In den bisherigen Sondierungsgesprächen haben SPD, Grüne und FDP unverbindlich Differenzen und Gemeinsamkeiten ausgelotet. Wer Koalitionsverhandlungen aufnimmt, tut das hingegen mit der klaren Absicht, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Ein Scheitern ist aber auch in dieser Phase nicht ausgeschlossen.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte sich zuletzt jedoch zuversichtlich gezeigt, dass die Ampel-Regierung zügig stehen werde. "Die Sondierungen finden in einer sehr, sehr guten und konstruktiven Atmosphäre statt", sagte er in Washington. Deswegen sei er sicher, dass das Vorhaben von SPD, Grünen und FDP realisiert werden könne. "Nämlich, dass wir vor Weihnachten eine neue Regierung haben."

Die SPD hatte die Bundestagswahl am 26. September mit 25,7 Prozent knapp vor der Union (24,1 Prozent) gewonnen. Scholz hatte daraufhin angekündigt, er wolle die Möglichkeiten der ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene ausloten.

Grüne und FDP galten nach der Wahl als Königsmacher. Sie hätten rechnerisch sowohl zusammen mit der SPD eine Ampel-Koalition, als auch mit der Union ein Jamaika-Bündnis eingehen können. Beide Optionen schlossen sie zunächst nicht aus, beschlossen nach mehreren Gesprächsrunden aber, zunächst intensiver mit den Sozialdemokraten zu sondieren.

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