Tausende russische Fachkräfte und Intellektuelle verlassen das Land

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Von Monica Pinna
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Die besten und klügsten Köpfe Russlands sind nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zu Tausenden ins Ausland gegangen. Monica Pinna von Euronews untersucht die Gründe für diesen Braindrain.

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Die besten und klügsten Köpfe Russlands sind nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zu Tausenden ins Ausland gegangen. Monica Pinna von Euronews untersucht die Gründe für diesen Braindrain.

Vor dem Krieg Russlands mit der Ukraine leitete die Regisseurin Anna Demidova eine unabhängige Theatergruppe in Moskau. Doch die so genannte "spezielle Militäroperation" des Kremls änderte alles. Anfang März beschloss sie, Russland aus Protest gegen die Invasion zu verlassen.

Anna ist überzeugt von der sozialen und politischen Rolle, die die Kunst spielen kann. Ich traf sie in Berlin-Mitte, wohin sie kürzlich in der Hoffnung auf einen Neuanfang gezogen war. Sie erklärte mir, dass ihre Familie um um ihre Sicherheit fürchtete und sie dazu gedrängt hatte, Russland zu verlassen, nachdem sie häufig an Anti-Kriegs-Protesten im Land teilgenommen hatte.

"Bevor Putin diesen Krieg begann, habe ich versucht, mein Bestes zu geben, als Mensch, als Bürgerin und auch als Künstlerin, um den Menschen klarzumachen, dass wir mehr Verantwortung brauchen, dass wir uns an unserem politischen Leben beteiligen sollten. Denn die Menschen verstehen die Politik nicht. Sie sind nicht interessiert. Es ist ihnen egal, was in Russland passiert."

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Theaterdirektorin Anna Demidova floh Anfang März aus Russland.Euronews
Es sind Künstler, Journalisten, IT-Techniker, Akademiker. Die klügsten Köpfe Russlands verlassen massenhaft das Land. Wohin gehen sie? Was treibt sie an? Welches Land lassen sie zurück? Das habe ich mir in Berlin angeschaut.
Monica Pinna
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Auf einer persönlichen Ebene sagte mir Anna, dass die Invasion das Ende von allem bedeute und sie das Gefühl habe, dass alles, was sie politisch zu erreichen versucht habe, sinnlos sei.

"Ein Teil von mir konnte nicht verstehen, was da geschah, aber der andere Teil von mir versteht auch, dass dies die logische Fortsetzung dessen ist, was Putin in den letzten 20 Jahren getan hat. Unser Land wurde immer militaristischer. Mein Großvater und alle meine Verwandten sagten, dass es nie wieder einen Krieg geben dürfe. Das Motto der Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs lautete "Nie wieder". Aber irgendwann hat Putin das in 'das können wir wieder' umgewandelt. Das ist absolut verrückt."

Die aktuelle Invasion in der Ukraine zerstört nicht nur ein Land, sondern zwei.
Angelina Dawydowa
Russische Umweltjournalistin
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Die Journalistin Angelina Dawydowa beschloss eine Woche nach Kriegsausbruch, Russland zu verlassen.Euronews

Das harte Durchgreifen gegen die Meinungsfreiheit in Russland hat auch dazu geführt, dass viele Journalisten aus dem Land geflohen sind. Die Begegnung mit Berufskollegen, die gezwungen waren, das Land zu verlassen, hat in mir viele Emotionen geweckt.

Unsere Aufgabe als Journalisten besteht darin, Zeugen für die Öffentlichkeit zu sein, indem wir ein Licht auf die Gesellschaft und die Ereignisse werfen. Dies kostet jedes Jahr viele Menschenleben. Nach Angaben der UNESCO wurden im Jahr 2021 55 Journalisten getötet. Viele Journalisten wurden und werden in der Ukraine getötet, und auch innerhalb Russlands sind Reporter weiterhin gefährdet.

Angelina Davydova, eine bekannte Umweltjournalistin aus Sankt Petersburg, beschloss eine Woche nach Ausbruch des Krieges, Russland zu verlassen.

"Mir wurde klar, dass ich eine Entscheidung treffen muss, wenn ich meine Arbeit fortsetzen und weiterhin öffentlich in den Medien, aber auch in den sozialen Medien meine Meinung sagen will. Entweder ich bleibe im Land und werde still, oder ich bleibe im Land und habe immer Angst, wenn ich weiter öffentlich spreche, oder ich verlasse das Land - und ich habe mich entschieden, das Land zu verlassen."

"Ich habe immer gedacht, dass es selbst bei negativen politischen Entwicklungen noch Raum für Menschen gibt, etwas zu tun. Was ich jetzt sehe, ist, dass viele dieser konkreten Aktionen von dieser sehr hohen politischen Entscheidung [in den Krieg zu ziehen] erdrückt wurden, die nicht wirklich etwas mit dem Leben der Menschen im Land oder ihrem Wohlergehen oder ihrer Zukunft zu tun hat."

Ob Journalisten und Künstler, die Russlands Einschränkungen der freien Meinungsäußerung anprangern, oder Techniker, die ihre Fähigkeiten nutzen, um Dissidenten online Raum verschaffen - alle, die ich getroffen habe, sind entschlossen, ihre Fähigkeiten zu nutzen, um vom Ausland aus Veränderungen zu fördern. 

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