Selfies vor der US-Botschaft - Taliban feiern Unabhängigkeit von USA während das Land hungert

Nationalfeiertag in Kabul
Nationalfeiertag in Kabul Copyright WAKIL KOHSAR/AFP or licensors
Von Andrea Büring mit AP
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Vor einem Jahr haben die Taliban Kabul eingenommen. Die rasche Machtübernahme löste eine überstürzte Flucht vieler Menschen in den Westen aus. Für die Zurückgebliebenen gibt es derzeit keinen Grund, optimistisch in die Zukunft zu sehen.

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Kabul, ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban. Mit einem Feiertag erinnert das islamistische Regime in Afghanistan an den Abzug der internationalen Truppen. 

Vor genau einem Jahr nahmen die islamistischen Hardliner die afghanische Hauptstadt ein, nachdem ihre landesweite Blitzoffensive gegen die Regierungstruppen die 20-jährige Militärintervention unter Führung der USA beendet hatte. 

Fluchtartiger Abzug der internationalen Soldaten

Der chaotische Abzug der ausländischen Truppen dauerte bis zum 31. August an. Zehntausende von Menschen strömten zum Flughafen von Kabul in der Hoffnung, mit einem Flug aus Afghanistan evakuiert zu werden. Bilder von Menschenmassen, die auf Flugzeuge kletterten und sich teilweise an ein abfliegendes US-Militärfrachtflugzeug klammerten, während es die Startbahn hinunterrollte, sorgten weltweit für Entsetzen.

Selfies vor der US-Botschaft

Trotz einer schweren Wirtschaftskrise zeigen sich die Talibananhänger zum Nationalfeiertag selbstbewusst.

Zarghun Ammar, der für den Geheimdienst arbeitet, sagt, "wir freuen uns, dass wir die USA besiegt haben. Alle Kollegen sind sehr glücklich. Meine Botschaft an alle Afghanen im Exil, die Ärzte oder Ingenieure sind oder für die vorhergehende Regierung gearbeitet haben, lautet: Kommt in eure Heimat zurück. Wir empfangen euch mit offenen Armen, wir brauchen euch."

Ich bin froh, mit meinen Freunden die Niederlage der Amerikaner und ihrer Sklaren zu feiern.
Aminullah Saiful Omar
Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums

Aminullah Saiful Omar, ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, macht Selfies vor der US-Botschaft in Kabul. "Ich bin froh, mit meinen Freunden die Niederlage der Amerikaner und ihrer Sklaren zu feiern", sagt er. "Alle meine Freunde sind hier. Wir freuen uns, unsere Unabhängigkeit vor der US-Botschaft zu feiern. Ich bin so glücklich, dass ich gar nicht klar sprechen kann."

Humanitäre Krise und demokratische Rückschritte

Trotz der zur Schau gestellten Feierstimmung macht das Land eine schlimme Wirtschaftskrise durch. Mit schwerwiegenden Folgen. In vielen Krankenhäusern fehlt es an Geräten und Medikamenten. Viele von ihnen sind überlastet.

Hintergrund ist die internationale Isolierung Afghanistans. Das Land ist abgeschnitten von Hilfslieferungen seit der Machtübernahme der Taliban. Die Vereinten Nationen warnen, dass anhaltende Trockenheit und schlechte Ernten sowie die steigende Inflation die Armut und den Hunger in der Bevölkerung weiter verschlimmern könnten.

Besonders für Frauen verschlimmerte sich die Lage. Ursprünglich hatten die Taliban eine mildere Version der strengen islamistischen Herrschaft versprochen, die ihre erste Regierungszeit von 1996 bis 2001 kennzeichnete.

Seit dem Tag, an dem sie gekommen sind, hat das Leben seinen Sinn verloren.
Ogai Amail
Einwohnerin von Kabul

Doch wurden den Frauen zahlreiche Beschränkungen auferlegt, um der strengen Vision des Islam zu entsprechen. Zehntausende von Mädchen wurden vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen. Viele Frauen durften nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.

Seit Mai müssen sie sich in der Öffentlichkeit vollständig verhüllt zeigen. "Seit dem Tag, an dem sie gekommen sind, hat das Leben seinen Sinn verloren", sagte Ogai Amail, eine Einwohnerin von Kabul. "Alles wurde uns weggenommen."

Am Samstag schlugen Taliban-Kämpfer Demonstrantinnen und schossen in die Luft, um ihre Kundgebung in Kabul aufzulösen.

Die Afghanen räumen zwar ein, dass die Gewalt seit der Machtübernahme der Taliban zurückgegangen ist, doch die humanitäre Krise hat viele hilflos zurückgelassen.

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