Russland macht Ausreisenden das Leben schwer

Ausreisewillige an der Grenze
Ausreisewillige an der Grenze Copyright Zurab Tsertsvadze/AP
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Von Euronews
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Wer heute Russland verlassen will, kann sich schon morgen in der Armee wiederfinden. Oder ein Staatsfeind sein.

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Seit Tagen machen sich viele Menschen aus Russland auf den Weg ins Ausland. Viele von ihnen sind Männer im wehrfähigen Alter, vielleicht Reservisten, die in kürze zum Kriegsdienst in der Ukraine eingezogen werden könnten.

Für sie ist Eile angesagt. Denn künftig sollen jene, die sich dem Militärdienst entziehen wollen, bei der Ausreise abgefangen und direkt eingezogen werden. Die Einrichtung solcher Checkpoints bestätigte auch das Oberhaupt der russischen Teilrepublik Nordossetien, Sergei Menjailo.

Noch etwas soll den Ausreisenden das Leben schwer machen: ein Dokument, das sie bei der Ausreise nach Georgien offenbar unterschreiben sollen. Darin erkennen sie Russland als Besatzungsmacht mehrerer umstrittener Gebiete an – und machen sich damit in Russland möglicherweise strafbar.

"Vielleicht ist es sogar gut, dass diese Menschen das Land verlassen", so der Sprecher des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, "sie sind ja bereits Landesverräter. Wir müssen ihnen sagen, dass sie wiederholt kriminelle Akte gegen ihr Land begangen haben. Sollten sie jemals zurückkommen, werden sie nach dem Gesetz bestraft."

Auch an der finnischen Grenze sammeln sich Ausreisewillige. Mehr als 8000 Russen überqueren derzeit an manchen Tagen die Grenze, nach Angaben der finnischen Grenzbehörde mehr als doppelt so viele wie noch eine Woche zuvor. Noch werden sie ins Land gelassen.

"Wir haben Freunde, die hier in Finnland leben und arbeiten", erzählt ein Mann aus Sankt Petersburg im Interview kurz hinter der Grenze. "Wir werden ein bisschen bei ihnen bleiben und dann nach Israel weiter reisen. Ich habe nicht in der Armee gedient, ich arbeite an der Universität, bin also offiziell nicht geeignet. Aber das zählt wohl jetzt nicht mehr. Wer heute noch untauglich ist, kann morgen schon in der Armee sein."

Ein 36-jähriger Barbesitzer aus Moskau hat sich ebenfalls auf das Abenteuer Ausreise eingelassen: "Das ist sehr beängstigend, wenn man sich vorstellt, dass die Grenzen geschlossen sind und man kann nichts dagegen tun. Davor haben viele Menschen Angst. Nicht, weil sie zum Militär einberufen werden, sondern weil die Grenze für immer geschlossen wird und sie in einem totalitären Staat ohne Freiheiten leben."

Ist die Angst berechtigt? Russland hat nicht angekündigt, die Grenzen zu schließen. Noch nicht. Doch Finnland plant, die Einreise für Russen zu erschweren. Fest steht: Die Ausreise wird nicht leichter. Und die Schlangen an der Grenze wohl demnächst nicht kürzer.

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