Putin unterstellt Kiew Verwicklung in Anschlag auf Rockkonzert

Präsident Wladimir Putin wendet sich nach dem Überfall auf die Crocus-City-Hall in einer Videobotschaft an die Nation. 23. März 2024
Präsident Wladimir Putin wendet sich nach dem Überfall auf die Crocus-City-Hall in einer Videobotschaft an die Nation. 23. März 2024 Copyright AP/Russian Presidential Press Service
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Von Christoph DebetsAP
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Präsident Putin erklärt, die Ukraine habe für die Attentäter von Krasnogorsk ein Fluchtfenster geöffnet. Kiew weis die Anschuldigung als antiukrainische Kriegshetze zurück. Die vier Attentäter waren bei Brjansk gefasst worden.

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Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Ukraine mit dem Überfall auf das Rockkonzert in der Crocus City Hall im Moskauer Vorort Krasnogorsk in Verbindung gebracht.

Putin sprach in einer Videobotschaft an die Nation von einem „blutigen, barbarischen Terroranschlag“ und sagte, die russischen Behörden hätten die vier mutmaßlichen Täter gefangen genommen, als sie versuchten, durch ein „Fenster“, das auf der ukrainischen Seite der Grenze für sie vorbereitet worden war, in die Ukraine zu fliehen.

„Wir standen nicht nur einem gründlich und zynisch vorbereiteten Terroranschlag gegenüber, sondern einem gut vorbereiteten und organisierten Massenmord an friedlichen, unschuldigen Menschen“, sagte Putin.

Der Präsident ordnete für den Sonntag Staatstrauer an. Offiziellen Angaben zufolge kamen bei dem Überfall mindestens 133 Personen ums Leben.

Nach Angaben des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB wurden insgesamt elf Personen im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Crocus City Hall festgenommen.

Kiew bestritt unterdessen nachdrücklich jegliche Beteiligung an dem Überfall, für den der afghanische IS-Ableger „Islamischer Staat-Khorasan“ (ISIS-K) in einer in den Social-Media-Kanälen veröffentlichten Erklärung die Verantwortung übernommen hatte. 

Eine Frau zündet Kerzen am Zaun neben der Crocus-City-Hall am westlichen Rand von Moskau an, 23. März 2024.
Eine Frau zündet Kerzen am Zaun neben der Crocus-City-Hall am westlichen Rand von Moskau an, 23. März 2024.Alexander Zemlianichenko/Copyright 2024 The AP. All rights reserved

Wie aus US-Geheimdienstkreisen verlautet, wurde der Anschlag von ISIS-K-Kämpfern verübt. Die Ukraine sei nicht darin verwickelt.

Das ukrainische Außenministerium warf Moskau vor, den Angriff zu nutzen, um Stimmung für den Krieg gegen die Ukraine zu schüren.

„Wir halten solche Anschuldigungen für eine geplante Provokation des Kremls, um die antiukrainische Hysterie in der russischen Gesellschaft weiter anzuheizen, Bedingungen für eine verstärkte Mobilisierung russischer Bürger zur Beteiligung an der kriminellen Aggression gegen unser Land zu schaffen und die Ukraine in den Augen der Völkergemeinschaft zu diskreditieren“, heißt es in einer Erklärung des Ministeriums.

Am Freitagabend waren vier bewaffnete Männer in Kampfausrüstung in den Crocus City Gebäudekomplex eingedrungen. Sie hatten sofort das Feuer eröffnet und sich in Richtung eines Konzertsaals begeben, in dem ein Auftritt der russischen Rockband Picnic geplant war.

Nach Angaben der Veranstalter waren alle 6.200 Tickets verkauft worden. Vielen Zuschauern gelang es, die Halle zu verlassen, bevor die Kämpfer eindrangen. Sie setzten Spreng- und Brandsätze ein und zündeten das Gebäude an. Die oberen Stockwerke der Halle brannten ab und das Dach stürzte teilweise ein

Am Samstag durchsuchten die Ermittler die verkohlten Trümmer der Halle nach weiteren Opfern, und die Behörden sagten, die Zahl der Todesopfer könne noch steigen. Hunderte Menschen standen am frühen Samstag in Moskau Schlange, um Blut zu spenden, teilte das russische Gesundheitsministerium mit.

Russische Medien veröffentlichten Videoaufnahmen, die offenbar die Inhaftierung und Verhöre der Verdächtigen zeigten. Einer von ihnen berichtete vor der Kamera, er sei von einem unbekannten Assistenten eines islamischen Predigers über einen Messaging-App-Kanal angesprochen und für die Teilnahme an der Razzia bezahlt worden.

Das oppositionelle russische Nachrichtenportal Meduza hat den Aufnahmeort der Festnahme geolokalisiert. Er befindet sich in der Nähe der Stadt Khatsun in der russischen Region Brjansk, 140 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Russische Medien identifizierten die Angreifer als Bürger Tadschikistans, einer ehemaligen Sowjetrepublik in Mittelasien, die überwiegend muslimisch ist und an Afghanistan grenzt. Bis zu 1,5 Millionen Tadschiken haben in Russland gearbeitet und viele haben die russische Staatsbürgerschaft erhalten.

Das Innenministerium Tadschikistans erklärte, dass drei Staatsbürger, deren angebliche Ausweispapiere über Telegram-Kanäle verbreitet wurden, nicht an der Begehung von Verbrechen in Russland beteiligt gewesen seien. Zwei von ihnen seien in ihrer Heimat, ein dritter arbeite als Taxifahrer in Samara.

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