Abgeordneten der Nationalversammlung stimmen am Nachmittag über zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung ab.
Nicht einmal drei Monate nach dem Antritt der neuen französischen Regierung steht das Kabinett von Premier Michel Barnier vor dem Aus. Der Streit um dessen geplanten Sparhaushalt ist eskaliert, nun stimmen die Abgeordneten der Nationalversammlung am Nachmittag über zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung ab.
Frankreichs Premierminister Michel Barnier sagt, es sei möglich, dass seine Regierung ein drohendes Misstrauensvotum überleben könne. Dies hänge von den Abgeordneten ab, die eine Verantwortung gegenüber dem französischen Volk hätten in einer Zeit, die er als eine ernste Phase in der Geschichte des Landes bezeichnete.
"Ich denke, es ist möglich, dass es diesen Reflex der Verantwortung gibt, bei dem wir uns jenseits der politischen Differenzen, der Divergenzen, der Widersprüche, die in einer Demokratie normal sind, sagen, dass es ein höheres Interesse gibt. Ich glaube, dass das höhere Interesse des Landes, das Gemeinwohl, das nationale Interesse, etwas bedeutet."
Barnier muss sich einem Misstrauensvotum stellen, nachdem er ein umstrittenes Gesetz zum Sozialbudget durchgesetzt hat. Die Oppositionsführer sagen, dass die Änderungen am Gesetzesentwurf ihre Bedenken nicht ausräumen und drängen auf ein Misstrauensvotum.
Um die Regierung abzusetzen, müssen 288 Abgeordnete zustimmen. Dies ist möglich, wenn sich sowohl der linke als auch der rechte Flügel der Nationalversammlung in einer Mehrheitsentscheidung zusammenschließen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Berichten zufolge die Möglichkeit eines Rücktritts von Barnier zurückgewiesen und Forderungen nach einem Rücktritt als politische Fiktion bezeichnet.
Es wird erwartet, dass eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entzieht und sie somit stürzt. Sowohl das linke Lager aus Kommunisten, Grünen, Sozialisten und Linken, als auch die Rechtsnationalen von Marine Le Pen, die die Minderheitsregierung zunächst geduldet hatten, haben einen Misstrauensantrag eingereicht. Zusammen erreichen die Oppositionsparteien die nötige absolute Mehrheit von 289 Stimmen.
Das Misstrauensvotum gilt nur für die Regierung. Präsident Emmanuel Macron ist nicht Teil des Kabinetts. Gleichzeitig würde ein Regierungssturz auch ihn unter Druck setzen. Denn er hatte Barnier ernannt und sein Mitte-Lager regiert mit. Le Pen und die Linke hoffen möglicherweise darauf, Macron mit dem Regierungssturz zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu bewegen. Eigentlich steht das Votum erst 2027 an. Macron kann nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten.
Eine neue Parlamentswahl wird es auch mit einem Regierungssturz nicht geben. Zur Erinnerung: Macron hatte die Nationalversammlung im Frühjahr aufgelöst und eine Neuwahl einberufen. Abermalige Wahlen sind erst ein Jahr nach der zweiten Wahlrunde wieder möglich, also im Juli. Auch ein Sturz der Regierung würde also nichts an den komplizierten Kräfteverhältnissen ändern. Derzeit haben weder die Mitte-Kräfte noch das linke Lager noch die Rechtsnationalen und ihre Verbündeten eine eigene Mehrheit in der Parlamentskammer.