Etwa 5.278.000 Bürgergeldempfänger sollen schneller Konsequenzen spüren bei verpassten Terminen. Ab dem zweiten versäumten Termin müssen sie mit 150 Euro weniger monatlich rechnen.
Nach einigem Hin und Her hat sich die Bundesregierung auf die neue Grundsicherung geeinigt, wie es aus Regierungskreisen heißt. Bedenken der Union, namentlich von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sowie Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), hatten zuvor verhindert, dass die Reform im Kabinett beschlossen wird. Offenbar konnten diese nun aus der Welt geschafft werden.
Beide hatten Einwände beim Umgang mit Terminverweigerungen. Im Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) war ein persönliches Gespräch vorgesehen, bevor Leistungen komplett eingestellt werden. Konkret hätte diese Regelung Terminverweigerer betroffen, die dreimal nicht zu Terminen beim Jobcenter erschienen waren.
Reiche und Dobrindt hatten Bedenken, dass Leistungsbezieher dies ausnutzen und absichtlich nicht zu Terminen erscheinen könnten, damit ihre Leistungen nicht gestrichen werden.
150 Euro weniger für verpasste Termine
Diese Sorge hat das Arbeitsministerium nun ausgeräumt. In einem Papier, das Euronews vorliegt, heißt es jetzt: "Den Betroffenen soll die Gelegenheit gegeben werden, in dem persönlichen Gespräch die Gründe für ihr Verhalten darzulegen." Als Gelegenheit werde demnach bereits ein Brief mit einem konkreten Telefontermin gewertet.
Bei einem ersten verpassten Termin gibt es noch keine Konsequenzen. Ab dem zweiten versäumten Termin werden 30 Prozent gekürzt, etwa 150 Euro. "Terminverweigerer", also Personen, die dreimal in Folge nicht auftauchen, müssen mit weiteren Leistungskürzungen rechnen.
Im ersten Monat der "Terminverweigerung" wird noch die Miete übernommen. Tauchen die Leistungsempfänger dann weiterhin nicht auf, erhalten sie in letzter Konsequenz kein Geld mehr. Die betroffenen Personen müssten dann einen neuen Antrag auf Grundsicherung stellen.
Personen mit psychischen Erkrankungen sollen besonders geschützt werden. Auch Familien kommen besser weg als Alleinstehende: Ihnen sollen im ersten Monat der Terminverweigerung dennoch Leistungen gezahlt werden. Ihre Mietkosten will das Jobcenter trotz gestrichener Gelder übernehmen und "direkt an den Vermieter" zahlen. Hintergrund ist, dass die Leistungen für Kinder oder weitere Elternteile nicht gemindert werden sollen.
Jobcenter will Vermögende zur Kasse bitten
Bei Arbeitsverweigerern will das Arbeitsministerium offenbar hart durchgreifen. Wer keine zumutbare Arbeit annimmt, dem solle für einen Monat das Geld gestrichen werden. Ein zweiter Monat könnte ebenfalls gestrichen werden. Sorgen um Miete und eine kalte Wohnung müssten sich Arbeitsverweigerer jedoch nicht machen: "Die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen direkt an den Vermieter gezahlt werden", heißt es aus Kreisen der Regierung.
Auch für Menschen mit Vermögen ändert sich etwas. Die sogenannte "Karenzzeit", also die Zeit, in der Vermögen nicht angerechnet wird, soll entfallen. Bisher hatte sie ein Jahr betragen.
"Die Höhe des Schonvermögens wird nach Altersstufen gestaffelt", heißt es. Wer älter ist, darf mehr Geld behalten, wer jünger ist, wird stärker zur Kasse gebeten.
Allerdings bleiben Autos, selbst bewohnte Immobilien sowie die Altersvorsorge wohl weiterhin von der Vermögensberechnung ausgeschlossen.
Mit der neuen Grundsicherung soll "Arbeit statt Arbeitslosigkeit" finanziert werden, heißt es; die Arbeitsvermittlung soll stärker in den Fokus rücken.
100.000 Regelleistungsberechtigte weniger könnten dem Staat demnach rund 850 Millionen Euro jährlich sparen. Experten bemängeln, dass mit der Reform allein kaum Geld eingespart werden könne. Hintergrund sind die hohen Vermittlungskosten. "Der Betrag wird klein sein", sagte auch Bas nach einem Koalitionsausschuss.
Zusätzlich soll das Bürgergeld-Aus für Ukrainer entlasten. Ab dem 1. April 2025 eingereiste Ukrainer erhalten künftig Asylbewerberleistungen, die etwa 100 Euro unter dem Bürgergeldsatz liegen.
Bas zeigte sich zur Leistungsänderung für Ukrainer in der Vergangenheit unzufrieden: "Mir gefällt es nicht, ich sage das ganz offen", äußerte sie bei einer Pressekonferenz im November.
Am Mittwoch soll das neue Gesetz im Kabinett beschlossen werden. Danach muss es noch im Bundestag beraten und verabschiedet werden. Die Reform soll zum 1. Juli 2026 in Kraft treten.