Mehr Tempo, smarte Regulierung und Mut zu Chancen. Die CEO-Macherin Sigrid Bauschert erklärt, wie Start-ups, Wirtschaft und Politik von US-Methoden profitieren könnten, ohne deutsche Stärken zu verlieren.
Die deutsche Wirtschaft schrumpft, auch wenn viele andere Wirtschaften wachsen. 2023 schrumpfte sie um 0,9 Prozent, 2024 um 0,5 Prozent. Gestiegen ist nur die Zahl der Insolvenzen: Im Dezember 2025 gab es 11,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, so das Ministerium für Wirtschaft und Energie.
Ein hausgemachtes Problem, erklärt Sigrid Bauschert Euronews. Bauschert muss es wissen: Sie leitet Management Circle, einen Coaching-Anbieter für Führungskräfte. Kaum eine andere geht so auf Tuchfühlung mit den Spitzen der deutschen Wirtschaft. Sie empfielt: Wirtschaftsnachhilfe beim Big Brother, den USA.
"In den USA spürt man eine wahnsinnige Dynamik – egal ob in der Politik, in Behörden oder in Unternehmen. Dort gilt: 'Es geht, wir machen das'. Bei uns fragt man eher: 'Geht das überhaupt?'", sagt Bauschert.
Statt sich auf Kontroversen rund um Trump zu konzentrieren, sei es wichtiger, zu sehen, was die USA richtig machen. Namentlich nennt Bauschert Deregulierung und niedrigere Unternehmenssteuern als wesentliche Wachstumsimpulse.
Im ersten Quartal 2025 sah es zwar auch für die US-Wirtschaft düster aus: Sie schrumpfte um 0,6 Prozent. Im zweiten Quartal wuchs sie jedoch um 3,8 Prozent. Das zeigt eine Statistik des Büros für Wirtschaftsanalysen der Vereinigten Staaten. Im Januar 2025 trat Donald Trump sein Amt als US-Präsident an.
"In den USA gehen Genehmigungen schneller, Bundesstaaten können eigene Anreize schaffen – genau das fehlt uns oft in Deutschland. Wir brauchen smartere Regulierung, die nicht alles bis ins letzte Detail regelt. Misstrauen hemmt Dynamik und Loyalität von Bürgern und Unternehmen gegenüber dem Staat."
Selbstbewusstsein wagen
Deutschland habe sich zu lange auf der Stärke seiner Wirtschaft ausgeruht, erklärt Bauschert. Dadurch seien Chancen in neuen Märkten, wie der Elektromobilität, teilweise verpasst worden: "Deutschlands wirtschaftliche Probleme haben sich schon lange angebahnt."
Doch deswegen solle man nicht den Kopf in den Sand stecken. Deutschland müsse lernen anzupacken: "Wir haben alle Chancen, erfolgreich zu sein – wenn wir wissen, wo wir ansetzen können, und uns wirklich an die Arbeit machen."
Um das zu schaffen, müsste endlich ein Umdenken stattfinden, so die CEO-Expertin. "Die Amerikaner sind im Aufwind, weil sie stolz auf ihr Land sind und nie so negativ über sich selbst reden wie wir. Vielleicht sind wir in Deutschland einfach zu bescheiden."
Vor allem junge Gründer und Start-ups könnten von den US-amerikanischen Strukturen profitieren, sagt Bauschert: "In Deutschland wird es jungen Gründern immer schwerer gemacht, Wohlstand zu erarbeiten. In den USA kann man Chancen ergreifen – auch mal scheitern – und trotzdem loslegen. Das fehlt uns hier."
Eine Statistik des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn zeigt: Die Zahl der Unternehmensgründungen ist seit 2014 gesunken. Damals waren es noch 396.000. 2024 waren es 360.000, wobei die Zahl seit dem Tief der Corona-Pandemie steigt. Hotspots für Gründer sind seit Jahren Berlin und Hamburg.
Ausbaubedarf sieht Bauschert allerlei, doch auch Stärken macht sie aus: "Deutschland punktet im Maschinenbau, in der Automatisierung und im Anlagenbau." Das System dualer Ausbildungen sei ein klarer Wettbewerbsvorteil, da sie Fachkräfte in der Fläche schaffen. "Wir können Physik und IT verbinden, Sensorik, Prozessoptimierung, Qualitätssicherung – das ist unser starkes Pfund."
Deutschland müsse sich nicht verstecken, so die CEO-Expertin. "Wir sind eine zentrale Kraft im EU-Binnenmarkt. Es gibt keinen Grund, warum wir uns nicht selbstbewusst zeigen und unsere Möglichkeiten nutzen sollten."
Nur so könne Deutschland im globalen Wettbewerb zu altem Glanz finden.