Seltene Krankheiten: Die EU will mehr Anreize für die Forschung schaffen

Mit Unterstützung von The European Commission
Seltene Krankheiten: Die EU will mehr Anreize für die Forschung schaffen
Copyright euronews
Copyright euronews
Von Euronews
Diesen Artikel teilen
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Von den mehr als 6000 identifizierten seltenen Krankheiten hat die Europäische Union Behandlungen für etwa 300 zugelassen, also nur für 5 Prozent von ihnen. Diese sind oft teuer und nur begrenzt verfügbar.

Schätzungsweise 30 Millionen Europäer leiden an einer seltenen Krankheit. Obwohl in den vergangenen Jahre viel geforscht und in der Folge Behandlungsmethoden angeboten wurden, bleibt es eine große Aufgabe. 

Seltene Krankheiten beginnen oft in der Kindheit

Die große Mehrheit der seltenen Krankheiten ist genetisch bedingt und beginnt in der Kindheit. Victor lebt in der Nähe von Rumäniens Hauptstadt Bukarest. Schon bald nach seiner Geburt vor acht Jahren wussten seine Eltern, dass seine Entwicklung beeinträchtigt war.

"Wir gingen jeden Monat zum Neurologen. Und dann alle paar Monate zum Genetiker", erzählt die Mutter Iuliana Dumitriu. "Denn es war offensichtlich, dass sich etwas nicht richtig entwickelt."

Es dauerte 3 Jahre und brauchte Tests in 6 Ländern, bis Victors seltene Krankheit diagnostiziert wurde. Es ist das Coffin-Lowry-Syndrom; es wird durch eine winzige Mutation in einem von Victors Genen verursacht.

"Diese Mutation führt zu einer hohen psychomotorischen Verzögerung", so Iuliana Dumitriu, die Mutter ist Gründerin der Asociatia Sindromul Coffin-Lowry. "Kognitiv ist er acht Jahre alt. Aber geistig und körperlich ist er etwa auf dem Stand eines zwei- bis dreijährigen Kindes. Diese Verzögerung wird voraussichtlich sein ganzes Leben lang bestehen bleiben."

Schwimmen, Sprach- und Bewegungstherapie gehören zu den Aktivitäten, die Victors Lebensqualität verbessern. Für seine Krankheit gibt es keine bekannte Behandlung. Die Mutter hofft: "Man könnte vielleicht die Kommunikation seiner Neuronen untereinander und mit den Nerven verbessern. Aber seine Krankheit ist noch nicht erforscht."

Behandlungen sind oft teuer und nur begrenzt verfügbar

Victor ist kein Einzelfall. Von den mehr als 6000 identifizierten seltenen Krankheiten hat die Europäische Union Behandlungen für etwa 300 zugelassen, also nur für 5 Prozent von ihnen. Diese sind oft teuer und nur begrenzt verfügbar.

In einem Uni-Krankenhaus in Craiova wurde Victor erstmals behandelt. Experten betreuen dort jedes Jahr rund 1.000 Patienten mit seltenen Krankheiten. 

Diagnose und mögliche Behandlungen der Krankheiten sind große Aufgaben. Ioana Streata, medizinische Genetikerin am regionalen Zentrum für medizinische Genetik Dolj an der Universität für Medizin und Pharma von Craiova:

_"Manchmal sind seltene Krankheiten wie ein Puzzle mit 20 Teilen. Man geht zum Neurologen, zum Kinderarzt, zum Kardiologen, man geht ins Labor und macht einen allgemeinen Bluttest und dann einen Gentest. Daraus entsteht ein Bild. Aber manchmal gibt es Krankheiten mit mehr als 2.000 Teilen, kleine Teile. Das ist zeitaufwändig. Und die Betroffenen brauchen schnelle Antworten auf ihre Bedürfnisse und Fragen." _

EU will Anreize für die Forschung schaffen

Die Europäische Kommission ist sich des Bedarfs an neuen, innovativen und preiswerten Arzneimitteln bewusst. Mit einer verstärkten wissenschaftlichen und regulatorischen Unterstützung will man Anreize für die Forschung schaffen. Außerdem gibt es den Vorschlag, dass Entwickler zusätzliche Marktexklusivitäts-Zeiträume erhalten, in denen ihre Produkte vor Wettbewerb geschützt sind.

Es ist Zeit zu handeln: Das sagt eine gemeinnützige Allianz, die sich für die schätzungsweise 30 Millionen Europäer einsetzt, die an seltenen Krankheiten leiden. 

"Eine Therapie könnte nur bestimmte Symptome behandeln, das Auftreten verzögern, die Entwicklung verlangsamen, manchmal die Entwicklung komplett blockieren - aber das ist eine langfristige Behandlung und sehr selten eine heilende Behandlung. Es gibt einen großen Bedarf", meint Yann Le Cam, Geschäftsführer EURORDIS - Rare Diseases Europe. "Das Wichtigste ist die Wissenschaft. In den vergangenen Jahren wurde viel geforscht, es kommen viele neue Behandlungsmethoden auf den Markt, die vor allem auf Gen- und Zelltherapie beruhen, aber nicht nur, sondern auch auf Pharmakologie und manchmal auf der Wiederverwendung von alten Molekülen. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten."

Um das Beste aus diesen Möglichkeiten zu machen, ist die Europäische Union nach Ansicht von Experten ideal aufgestellt. Ioana Streata:

"Ich habe drei Patienten hier, vielleicht gibt es drei in Frankreich, vielleicht drei in Finnland. Anhand der Daten all dieser Patienten untersuchen wir, ob wir Biomarker finden, potenzielle therapeutische Ziele, dann entwickeln wir vielleicht Versuche, und finden möglicherweise eine geeignete Behandlung."

Die Eltern von Victor bauen auf die Zukunft:"In den vergangenen Jahren wurden Therapien für Krankheiten entwickelt, die sich auf die Bearbeitung eines Gens beziehen. Oder man kann eine neurologische Behandlung entwickeln, um die Verbindungen zwischen den Neuronen zu verbessern. So wird er schneller lernen und besser und schneller sprechen. Je mehr wir über seltene Krankheiten sprechen und je mehr Mittel wir für die Forschung aufbringen, desto näher sind wir einem besseren Leben."

Diesen Artikel teilen

Zum selben Thema

Port Sudan: Am Roten Meer wütet die Cholera

Wie baut man resistente Arzneimittelrückstände im Abwasser kostengünstig ab?

Wie der Gesundheitsdatenraum der EU für seltene Krankheiten Caroline helfen kann