Über 35.000 Menschen sterben in der Region jedes Jahr durch antimikrobielle Resistenzen. Das ist ein wachsendes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung.
Arzneimittelresistente Superkeime werden in Europa zu einer wachsenden Gesundheitsbedrohung. Sie könnten „jahrelange medizinische Fortschritte zunichtemachen“, warnen Gesundheitsbehörden in einem neuen Bericht.
Antimikrobielle Resistenz (AMR) entsteht, wenn Erreger wie Bakterien oder Viren sich so weiterentwickeln, dass sie bestehenden Arzneimitteln entkommen. Infektionen lassen sich dann schwerer behandeln, Eingriffe wie Organtransplantationen und Krebstherapien werden riskanter.
Nach ECDC-Schätzungen, die am Dienstag veröffentlicht wurden, verursacht AMR in der Europäischen Union, Island, Liechtenstein und Norwegen jedes Jahr mehr als 35.000 Todesfälle.
Eine Reihe von Faktoren hat einen „perfekten Sturm“ für AMR ausgelöst, so die Behörde: Europas alternde Bevölkerung ist anfälliger für Infektionen. Resistente Erreger verbreiten sich über Grenzen hinweg. Ärzte und Patienten setzen Antibiotika zu häufig ein. Und es gibt gravierende Lücken bei Prävention und Kontrolle von Infektionen.
„Niemand in Europa darf ohne wirksame Behandlung bleiben“, sagte Dr. Diamantis Plachouras, der die Arbeit des ECDC zu AMR und krankenhausassoziierten Infektionen leitet.
Im Jahr 2023 legte der Rat der EU fünf Ziele für die Mitgliedstaaten fest: den Antibiotikaverbrauch senken, sicherstellen, dass mindestens 65 Prozent der eingesetzten Antibiotika Mittel der ersten Wahl sind, und die Zahl neuer Blutstrominfektionen durch drei Arten resistenter Bakterien verringern.
Bislang hat Europa nur eines dieser Ziele erreicht, heißt es in dem Bericht. Gegenüber dem Ausgangswert von 2019 sanken neue Blutstrominfektionen mit Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA) um 20,4 Prozent und übertrafen damit das Ziel von fünfzehn Prozent.
Bei anderen Kennzahlen sieht es schlechter aus. Seit 2019 stiegen neue Blutstrominfektionen durch Carbapenem-resistente Klebsiella pneumoniae um mehr als 60 Prozent, so der Bericht. Angepeilt war eine Senkung um fünf Prozent, wie das ECDC betont.
Unterdessen nahmen Infektionen durch einen hochresistenten Stamm von Escherichia coli (E. coli) um mehr als fünf Prozent zu, obwohl das Ziel eine Senkung um zehn Prozent vorsah.
Europäerinnen und Europäer nehmen zudem mehr Antibiotika als früher. Viele davon gelten laut Behörden als letzte Option, wenn Mittel der ersten Wahl nicht wirken.
Gleichzeitig sind kaum neue Antibiotika in Sicht, um vorrangige Problemkeime wie Carbapenem-resistente gramnegative Bakterien (CR-GNB) zu bekämpfen, so das ECDC.
ECDC-Direktorin Dr. Pamela Rendi-Wagner sagte, Europa müsse stärker in den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika, in Infektionskontrolle und in die Entwicklung neuer Antibiotika investieren.
„AMR zu bekämpfen erfordert entscheidende Innovationen“, sagte sie in einer Mitteilung.