Die Studie zeigt: Der Anstieg der Infektionen trifft ältere Erwachsene besonders stark und hat auf diese Gruppe einen größeren Einfluss als auf Jüngere.
Blutbahninfektionen durch resistente Bakterien dürften in Europa deutlich zunehmen. Der demografische Wandel verstärkt den Trend in den kommenden Jahren, zeigt eine neue Analyse.
Von antimikrobieller Resistenz (AMR) spricht man, wenn Bakterien oder andere Erreger so weit mutieren, dass Antibiotika nicht mehr wirken. Diese „Superkeime“ verursachen weltweit rund eine Million Todesfälle pro Jahr.
In Europa steigen die Raten resistenter Infektionen voraussichtlich bis 2030 kontinuierlich an, heißt es in der in der Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlichten Studie. Die Entwicklung unterscheidet sich jedoch je nach Land, Geschlecht, Altersgruppe und Bakterien-Antibiotika-Kombination.
Unter Einbezug von Demografie und Infektionslage reichen die prognostizierten Zuwächse von 22,2 Prozent (Streptococcus-pneumoniae-Infektionen bei Frauen) bis 61,5 Prozent (Klebsiella-pneumoniae-Infektionen bei Männern).
Bei sechs der acht untersuchten Erreger steigen die Infektionsraten bei Männern stärker als bei Frauen. Besonders deutlich fällt der Anstieg bei Menschen ab 74 Jahren aus, verglichen mit jüngeren Gruppen.
Blutbahninfektionen können lebensbedrohlich sein und etwa eine Sepsis auslösen.
„Unsere Studie zeigt: Die Belastung durch resistente Infektionen wird künftig nicht überall gleich sein“, sagt Gwenan Knight, Seniorautorin und Co-Direktorin des Antimicrobial Resistance Centre an der London School of Hygiene & Tropical Medicine.
„Alter und Geschlecht spielen in Prognosen zur antimikrobiellen Resistenz noch selten eine Rolle, dabei entscheiden sie mit darüber, wer am stärksten betroffen ist“, fügte sie hinzu.
Das Team wertete Daten aus mehr als 12,8 Millionen routinemäßigen Bluttests auf bakterielle Infektionen aus. Sie stammen aus 29 europäischen Ländern und decken den Zeitraum von 2010 bis 2019 ab. Daraus leiteten die Forschenden ab, wie sich die Raten resistenter Blutbahninfektionen bis 2050 entwickeln könnten.
Ein genaueres Bild der besonders gefährdeten Gruppen soll Forschenden und Politik helfen, gezielte Maßnahmen zu planen. Ziel ist, Todesfälle und gesundheitliche Schäden durch resistente Infektionen zu verringern.
Doch groß angelegte Ziele könnten außer Reichweite liegen.
Globale Gesundheitsbehörden peilen an, die Antibiotikaresistenz bis 2030 um zehn Prozent zu senken. Den Prognosen zufolge lässt sich das aber nur für etwa zwei Drittel der Bakterien-Antibiotika-Kombinationen erreichen.
Knight sagt: Angesichts der Zahl resistenter Infektionen „wäre es bereits ein großer Erfolg für die öffentliche Gesundheit, wenn resistente Blutbahninfektionen nicht weiter zunehmen“.