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"Einer der härtesten Winter denn je": Neue Virusvariante alarmiert Europas Gesundheitsdienste

Grippe-Welle 2025
Grippe-Welle 2025 Copyright  Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Sonja Issel
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Die Grippesaison startet 2025 mehrere Wochen früher, und eine neue Virusvariante bereitet Medizinern Sorge. Warum Fachleute jetzt zu einer schnellen Impfung raten - und welche einfachen Maßnahmen den eigenen Schutz deutlich erhöhen können.

In diesem Jahr bereitet eine neue Virusvariante Medizinern - und der deutschen Bevölkerung - besonders viele Kopfschmerzen: die Influenza-Variante "H3N2-Subklade K".

Erste Untersuchungen zum aktuellen Infektionsgeschehen deuten darauf hin, dass der neue Subtyp deutlich leichter übertragbar ist als bisher bekannte Influenza-Stämme. Fachleute rechnen deshalb mit einer um etwa 20 Prozent höheren Zahl an Erkrankungsfällen im Vergleich zu einer durchschnittlichen Grippewelle.

Hinzu kommt der Zeitpunkt: Die Grippesaison 2025 setzt ungewöhnlich früh ein. Wie die Ärzte-Zeitung berichtet, beginnt sie rund drei bis vier Wochen früher als in den vergangenen beiden Jahren.

Auch über Deutschland hinaus macht sich die Entwicklung bemerkbar. In mehreren Ländern warnen Fachleute ebenfalls vor einer frühen und potenziell intensiven Grippewelle, die inzwischen europaweit Besorgnis auslöst. So wurde Jim Mackey, Geschäftsführer des britischen Gesundheitsdienstes NHS, im British Medical Journal mit den Worten zitiert: "Es besteht kein Zweifel, dass dieser Winter einer der härtesten sein wird, den unsere Mitarbeiter je erlebt haben."

Symptome ähneln COVID

Zu den typischen Symptomen der neuen H3N2-Variante zählen zunächst plötzlich auftretendes Fieber, das mäßig bis hoch ausfallen kann und häufig mit starkem Unwohlsein einhergeht. Viele Betroffene berichten zudem über ausgeprägte Körperschmerzen, die für diese Variante besonders charakteristisch sind. Da die Beschwerden in Teilen denen einer Covid-19-Infektion ähneln, raten Mediziner dringend zu einem Test, um eine eindeutige Diagnose zu erhalten.

Auch Schüttelfrost tritt bei H3N2 häufig sehr abrupt auf und verstärkt sich oft in Kombination mit den übrigen Symptomen. Hinzu kommt ein teils intensiver, lang anhaltender Husten, wie er auch von anderen Influenza-Varianten bekannt ist.

Was steckt dahinter?

Dass die aktuelle Grippesaison mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt wird, hat auch mit internationalen Entwicklungen zu tun. In Australien etwa führte die neue Subklade in diesem Sommer zu einer außergewöhnlich schweren Grippewelle mit über 400.000 laborbestätigten Fällen - ein Rekordwert. Diese Erfahrungen gelten für viele Fachleute als möglicher Hinweis darauf, wie sich die Subklade auch auf der Nordhalbkugel auswirken könnte.

Die hohe Übertragbarkeit dieser Variante wird auf deutliche genetische Veränderungen innerhalb der Subklade K zurückgeführt. Nach Einschätzung der Virologin Ulrike Protzer von der Technischen Universität München erschweren diese Abweichungen dem Immunsystem die Erkennung des Virus. "Unsere Immunantwort kann das Virus einfach nicht so gut erkennen und es deshalb auch nicht so gut abwehren", erläutert sie.

Zwar sind die Fallzahlen hoch, doch gibt es eine wichtige Entwarnung: Hinweise darauf, dass die Subklade K gefährlicher ist oder schwerere Krankheitsverläufe auslöst als andere Influenza-Stämme, liegen bislang nicht vor. Gleichzeitig mahnen Fachleute, die aktuelle Entwicklung nicht überzuinterpretieren.

Der Virologe Florian Krammer von der Medizinischen Universität Wien betonte im Deutschen Ärzteblatt: "Man muss die Kirche im Dorf lassen. Ja, die frühe Aktivität kann auf eine starke Influenzasaison hinweisen. Aber wie gesagt, in den meisten europäischen Ländern geht es erst jetzt los und es ist schwer vorauszusagen, wie sich die Saison entwickeln wird."

Wer ist besonders gefährdet?

Wie bei jeder echten Influenza kann es auch bei Infektionen mit der neuen Variante zu schweren Krankheitsverläufen kommen. Besonders gefährdet sind ältere Menschen sowie Personen mit bestehenden Vorerkrankungen. Für diese Gruppen könnte die bevorstehende Grippewelle ein erhöhtes Risiko zusätzlicher Infektionen bedeuten.

Besonders aufmerksam beobachten Fachleute die Möglichkeit von Doppelinfektionen mit saisonaler Influenza und dem Vogelgrippevirus H5N1. Kommt es zu einer gleichzeitigen Ansteckung, besteht die Gefahr, dass beide Viren genetische Segmente austauschen. Dadurch könnten neue Varianten entstehen, die sich auch von Mensch zu Mensch übertragen lassen - ein Szenario, das im schlimmsten Fall pandemisches Potenzial hätte. Das Risiko steigt im Winter, weil beide Virenarten dann verstärkt zirkulieren.

Impfung schützt

Der beste Schutz bleibt die Impfung - auch wenn die aktuellen Impfstoffe nicht perfekt zu den derzeit zirkulierenden Viren passen. Nach Einschätzung von Fachleuten bedeutet das Auftreten der neuen Subklade nicht, dass die Grippeimpfung an Wirksamkeit verliert. Aus Großbritannien liegen bereits erste Daten vor, die einen Schutz bestätigen. Außerdem können Impfstoffe selbst dann schwere Krankheitsverläufe deutlich abmildern, wenn sie nicht exakt auf den dominierenden Stamm abgestimmt sind. Hinzu kommt: Die Impfung schützt nicht nur vor H3N2, sondern auch vor H1N1 und Influenza B.

Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC hat deshalb bereits in der vergangenen Woche dazu aufgerufen, Risikogruppen möglichst frühzeitig zu impfen. Nach den Vorgaben der Ständigen Impfkommission richtet sich die Empfehlung weiterhin besonders an Menschen über 60 Jahre, chronisch Kranke, Schwangere, Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie an medizinisches Personal.

Wer sich zusätzlich schützen möchte, sollte in größeren Menschenansammlungen oder im Nahverkehr eine FFP2-Maske mit zwei Kopfbändern tragen, rät Prof. Johannes Knobloch, Virologe und Leiter der Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Die aktuelle Lage in Deutschland

Das Robert Koch-Institut hat in dieser Saison bis Mitte November erst einzelne bestätigte Grippefälle registriert, darunter auch Infektionen mit A(H3N2). Ein drastischer Anstieg der Erkrankungen ist nach RKI-Angaben jedoch bislang nicht zu beobachten.

Zwar nehmen laut aktuellem Wochenbericht die Fälle sogenannter „akut respiratorischer Erkrankungen“ - also Grippe, Covid-19 und RSV - zu, sie bewegen sich jedoch weiterhin auf moderatem Niveau.

Dennoch sollte die Lage nicht unterschätzt werden, wie ein Blick nach Hamburg zeigt. Dort wurden bislang 129 Grippefälle offiziell gemeldet (Vorsaison zum gleichen Zeitpunkt: 68). Gleichzeitig verzeichnet das Institut für Hygiene und Umwelt bereits drei Influenza-Todesfälle in der Stadt. Bundesweit liegt die Zahl der Grippetoten derzeit bei elf.

"Die erste Infektwelle rollt durch Hamburg", so Dr. Michael Wünning, Chefarzt am Integrierten Notfallzentrum des Marienkrankenhauses in Hamburg, im Gespräch dem Abendblatt. In den Kliniken müsse nun besonders darauf geachtet werden, dass sich Ärzte und Pflegekräfte nicht anstecken; betroffene Patienten werden isoliert. Zudem sei "Covid wieder ein Thema", so Wünning.

Auch die Vorsitzende des Hamburger Hausärzteverbands, Dr. Jana Husemann, beobachtet eine zunehmende Belastung. "Die Infektsprechstunden werden voller, es ist aber noch zu früh zu beurteilen, ob es am Ende eine Saison mit mehr Grippeinfizierten sein wird als die vergangene", sagte sie dem Abendblatt. Derzeit sei jedoch "ein guter Zeitpunkt, sich in der Hausarztpraxis gegen Grippe impfen zu lassen".

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