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Atmen aus dem Po? Wissenschaftler testen innovative "Atmungsmethode"

Klinische Studie zur Teilnahme am Imricor VISABL-VT-Programm
Klinische Studie zur Teilnahme am Imricor VISABL-VT-Programm Copyright  AP Photo
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Von Nela Heidner
Zuerst veröffentlicht am
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Es könnte möglich sein, den Darm zum Atmen zu nutzen, wenn die Lungen versagen. Frühe Studien waren vielversprechend.

Takanori Takebe ist u.a. Direktor für kommerzielle Innovation am Center for Stem Cell and Organoid Research and Medicine (CuSTOM) am Cincinnati Children´s Hospital - und Inhaber des Lehrstuhls für Organoid-Medizin.

Als Mediziner und Stammzellbiologe verbringt er den Großteil seiner Zeit damit, im Labor hergestellte Lebern zur Behandlung von Organversagen zu entwickeln.

Daneben weckte vor einigen Jahren ein merkwürdiger, aalähnlichen Fisch seine Aufmerksamkeit, der sogenannte Schlammpeitzger. Dieser Süßwassergrundfisch kann gelegentlich in Gewässer geraten, denen der Sauerstoff knapp wird. In solchen Situationen ergänzt der Fisch seine Kiemenatmung, indem er Luft von der Wasseroberfläche schluckt und direkt in seinen Darm leitet.

Der Fisch, der den Forscher inspirierte: Europäischer Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)
Der Fisch, der den Forscher inspirierte: Europäischer Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) George Chernilevsky via Wikimedia Commons

Ansatz könnte in Fällen helfen, wo die Lunge versagt

"Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die lebensbedrohlich werden können, weil sie die Fähigkeit der Lungen beeinträchtigen, Sauerstoff in den Blutkreislauf zu übertragen", erklärt Takebe im hauseigenen Online-Magazin des Cincinnati Children´s Hospitals.

"Dazu gehören Verletzungen oder Entzündungen der Atemwege, eine Lungenentzündung, die die Lunge mit Flüssigkeit füllt, und vieles mehr. Während der COVID-Pandemie starben viele Patienten auch deshalb, weil es weltweit an Beatmungsgeräten mangelte."

Die enterale Atmung könnte, so Takebe, einen wichtigen alternativen Weg zur Sauerstoffversorgung darstellen. "Weitere Bestätigung ist nötig, doch unsere ersten Studien deuten darauf hin, dass unser Beatmungssystem in der Lage ist, Patienten mit schwerem Atemversagen zu unterstützen."

Das Konzept der "Po-Atmung" beinhaltet die Verabreichung einer Flüssigkeit (eines sogenannten Perfluorocarbons), die mit deutlich mehr Sauerstoff angereichert werden kann, als Wasser normalerweise transportiert. Wird sie über einen Rektalschlauchs verabreicht, kann der untere Darmabschnitt den Sauerstoff aus der Flüssigkeit aufnehmen und direkt in den Blutkreislauf weiterleiten – ähnlich wie bei einem Einlauf.

In Versuchen mit Mäusen und Schweinen ermöglichten Einläufe einer hochgradig sauerstoffangereicherten Flüssigkeit den Tieren, Phasen mit stark reduziertem Sauerstoff zu überstehen. Bei Schweinen steigerte eine 400-Milliliter-Dosis den Blutsauerstoffwert für rund 19 Minuten.

Erste Freiwilligen-Versuche mit Menschen

Weitere Versuche mit Schweinen, die 2023 publiziert wurden, zeigten, dass sich die Sauerstoffsättigung der Tiere mit dieser Methode sogar bis zu eine halbe Stunde lang verbessern ließ.

Die Forscher haben nun die Sicherheit der "Po-Atmung" beim Menschen untersucht. In Japan erhielten 27 gesunde männliche Freiwillige jeweils eine Dosis nicht-sauerstoffhaltigen Perfluordecalins über den Anus und sollten diese eine Stunde lang zurückhalten. Die kleinste Gruppe erhielt 25 Milliliter, die größte Dosis betrug 1,5 Liter – die maximal zulässige Menge für "Kontrastmittel", die bei Röntgenuntersuchungen des Magen-Darm-Trakts eingesetzt werden.

Vier der sechs Männer in der geplanten 1,5-Liter-Gruppe mussten die Behandlung vorzeitig abbrechen, weil sie Bauchschmerzen bekamen. Die meisten Teilnehmer, die bis zu 1 Liter erhielten, vertrugen die Flüssigkeit jedoch recht gut, abgesehen von Blähungen und leichten Bauchbeschwerden, berichtet Takebes Team.

Weitere Untersuchungen sind nötig, um das "Verabreichungssystem" zu prüfen und zu verbessern, insbesondere für Patienten in unterschiedlichen Situationen. Dabei soll ermittelt werden, wie viel Sauerstoff zuverlässig geliefert werden kann, über welchen Zeitraum dies möglich ist und ob die Verabreichung unerwartete Risiken birgt.

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