"In der Juncker-Rede fehlte der rote Faden"

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Wir baten Vivien Pertusot vom Französischen Institut für Internationale Beziehungen zu einem Gespräch über die Grundsatzrede des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zu uns ins…

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Wir baten Vivien Pertusot vom Französischen Institut für Internationale Beziehungen zu einem Gespräch über die Grundsatzrede des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zu uns ins Studio.

Euronews:
“Jean-Claude Juncker hat viele Themen angesprochen, sehr viele Themen. Waren es nicht zu viele Themen für eine Grundsatzrde?”

Vivien Pertusot:
“Es stimmt, dass seine Rede zur Lage der Union im vergangenen Jahr zum großen Teil der Flüchtlingsfrage galt. Es schien damals, als habe sie ihn stark beschäftigt. Darum erinnern wir uns an die Rede. Diesmal war die Grundsatzrede in einem größeren Maß einvernehmlich. Er erwähnte bestimmte Maßnahmen, die bereits getroffen wurden, er kündigte andere an, die demnächst wirksam werden und sprach von weiteren, die in den kommenden Monaten in Kraft treten sollen. Letzten Endes fehlte in seiner Rede der rote Faden. Schwer zu sagen, ob das nun gut ist oder nicht. Man darf dabei nicht übersehen, dass die Europäische Union vor einer Vielzahl von Herausforderungen steht. Jean-Claude Juncker selbst sprach von einer Multi-Krise, der Kampf wird somit an mehreren Fronten gleichzeitig geführt. Möglicherweise war es diese Lage der Dinge, die dazu geführt hat, dass die Rede viel allgemeiner und viel umfassender war. Es stimmt aber auch, dass es schwierig ist, zwei, drei vorrangige Themen zu benennen, weil man den Eindruck bekam, dass alles genau berechnet war, dass bestimmten Themen eine bestimmte Anzahl von Minuten gewidmet waren.”

Euronews:
“Wie beurteilen sie die Leistung insgesamt?”

Vivien Pertusot:
“Der Ton war sehr ernst. Juncker ist sich völlig im Klaren darüber – er wiederholt es, seit er Chef der Kommission ist -, dass die Europäische Kommission eine große Verantwortung dafür trägt, wie populär oder unpopulär die Europäische Union bei den Bürgern Europas ist. Es liegt ihm am Herzen, zu zeigen, dass er weiß, worum es geht und dass er bestimmten Dingen Vorrang einräumt, um den Erwartungen der Bürger zu entsprechen. Ob das genügt? Schwer zu sagen. Eines der Themen, die kaum angesprochen wurden und die für die Bürger wichtig sind, ist beispielsweise der soziale Aspekt der Europäischen Union. Er erwähnte es nur nebenbei, dass die Europäische Union nicht sehr sozial ist. In seiner Grundsatzrede von 2014 sprach er von dem sozialen Triple-A. Man wartet auf Antworten zu den sozialen Fragen, die seit der Rede aus dem Juli 2014, als Juncker sein Programm vorgestellte, nicht wieder aufgenommen worden sind. Er weiß, dass die Lage ernst ist und dass die EU-Kommission diesbezüglich eine wichtige Rolle spielt. Er machte bestimmte Vorschläge doch einige Themen hätte er meiner Meinung nach viel stärker ausführen müssen, er hätte weniger Prioritäten benennen können, um seiner Rede größere Klarheit zu verleihen. Sicherlich ist sie umfassend und entspricht in bestimmten Bereichen bestimmten Erwartungen, doch möglicherweise fehlt der rote Faden, der die Bürger mitreißen kann.”

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