Die Befürworter des Gesetzes sagen, dass die öffentlichen Argumente gegen Kinder Teil der angeblichen Bemühungen des Westens sind, "Russland zu schwächen, indem sie den Bevölkerungsrückgang fördern".
Das russische Unterhaus hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der "Propaganda" verbietet, die Menschen davon abhalten soll, Kinder zu bekommen. Es ist das jüngste einer Reihe von restriktiven Gesetzen, mit denen der Kreml die Kontrolle über die Gesellschaft verschärfen will.
Das neue Gesetz kriminalisiert die Verbreitung von Informationen, die für freiwillige Kinderlosigkeit werben. Noch sind zwei weitere Lesungen in der Staatsduma und die Überprüfung durch das Oberhaus erfordert. Erst dann wird es Präsident Wladimir Putin zur endgültigen Genehmigung vorgelegt. Das neue Gesetz sieht zudem Geldstrafen von bis zu fünf Millionen Rubel (47.000 Euro) vor.
"Wir haben im Prinzip einen Rechtsbereich geschaffen, in dem wir Kinder, Familien und unsere Werte geschützt haben. Heute ergänzen wir die bereits verabschiedeten Gesetze, die die Propaganda von Pädophilie, LGBT und Geschlechtsumwandlung verbieten", sagte der Sprecher der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin.
Die Befürworter des Gesetzes sagen, dass die öffentlichen Argumente gegen das Kinderkriegen Teil der angeblichen Bemühungen des Westens sind, Russland zu schwächen, indem sie den Bevölkerungsrückgang fördern.
Putin und seine Spitzenbeamten haben in den letzten Jahren zunehmend zur Einhaltung der sogenannten "traditionellen Werte" aufgerufen.
Die Bevölkerung in Russlands schrumpft. Putin hat deswegen Erklärungen abgegeben, in denen er sich für große Familien ausspricht. Im vergangenen Jahr forderte er Frauen auf, bis zu acht Kinder zu bekommen.
Seit dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar, hat Putin den Westen wiederholt als "satanisch" bezeichnet und ihn beschuldigt, "Russland durch den Export liberaler Ideologien untergraben zu wollen".
"Im Allgemeinen ist diese Ideologie selbst eine gut durchdachte antidemografische Informationssabotage gegen unser Land. Ein Element professioneller Propaganda, ein Element, wie ich bereits sagte, eines hybriden Krieges, der darauf abzielt, die Bevölkerung zu reduzieren und zu zerstören", sagte Nina Ostanina, die Vorsitzende des Staatsduma-Ausschusses für Familie, Frauen und Kinder.
Im Jahr 2022 unterzeichnete Putin ein Gesetz, das die Verbreitung von LGBTQ-Informationen an Menschen aller Altersgruppen verbietet und das 2013 erlassene Verbot der Verbreitung dieses Materials an Minderjährige erweitert.
Und im vergangenen Jahr hat der Oberste Gerichtshof Russlands die sogenannte "internationale LGBTQ-Bewegung" als extremistisch verboten.
Seitdem wurden einige Russen für das Zeigen von Material mit Regenbogenmotiven für kurze Zeit ins Gefängnis gesteckt oder zu Geldstrafen verurteilt.
Letzten Monat hat der russische Gesetzgeber einen Gesetzentwurf vorläufig gebilligt, der die Adoption russischer Kinder durch Bürger aus Ländern verbietet, in denen die Geschlechtsumwandlung legal ist.
Gemischte Reaktionen
Außerhalb des Kremls begrüßten einige Russen die erste Verabschiedung dieses Gesetzes.
"Es ist eine Krankheit, es ist eine Pathologie. Natürlich ist es wie bei jeder Krankheit notwendig, sie zu behandeln oder zumindest dafür zu sorgen, dass sie andere nicht ansteckt", sagte Boris Kortschewnikow, der Generaldirektor des konservativen Fernsehsenders Spas.
Frauenrechtlerinnen zeigten sich jedoch verärgert und erklärten, "die Gesetzgeber suchten die Ursache für die sinkende Geburtenrate in Russland an der falschen Stelle".
"Wir arbeiten seit vielen Jahren mit Frauen aus verschiedenen sozialen Schichten zusammen. Die Verweigerung von Geburten ist in erster Linie auf materielle und wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen", sagte Sofia Rusowa, die zu einem Konsortium von Frauenrechts-NGOs gehört.
Förderung eines patriarchalen Systems
In Russland fördern die sogenannten traditionellen Werte, wie sie von Wladimir Putin und seiner Regierung propagiert werden, oft ein patriarchales System, das häusliche Gewalt begünstigt, so ein Artikel der Harvard International Review aus dem Jahr 2022.
Diese Werte betonen die traditionelle Rolle der Frau als Untergebene des Mannes und verteidigen die Idee der Familie als private, unangreifbare Einheit.
Das Gesetz von 2017, das viele Formen häuslicher Gewalt entkriminalisierte, spiegelt diese Haltung wider. Gewalt innerhalb der Familie wird oft als interne Angelegenheit betrachtet, in die der Staat nicht eingreifen sollte.
Dies führt dazu, dass Opfer kaum Schutz oder rechtliche Unterstützung erhalten, was die Gewaltspirale weiter verstärken kann.