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"Sei grüner!": Behörden vermuten russische Sabotage gegen die Grünen vor der Bundestagswahl

Ein Wahlplakat des Spitzenkandidaten der Grünen, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Ein Wahlplakat des Spitzenkandidaten der Grünen, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Copyright  Martin Meissner/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Copyright Martin Meissner/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Von Johanna Urbancik
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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In mehreren deutschen Bundesländern wurden hunderte Autos sabotiert. Ermittler vermuten nun mögliche russische Sabotage hinter den Angriffen.

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Mögliche russische Sabotage in Deutschland? In mehreren Bundesländern sind offenbar hunderte Autos Ziel gezielter Sabotage geworden. Auspuffrohre wurden mit Bauschaum verstopft und Aufkleber mit dem Konterfei des Kanzlerkandidaten der Grünen, Robert Habeck, und dem Slogan "Sei grüner!" hinterlassen.

Einer Recherche des Spiegels zufolge vermuten deutsche Sicherheitsbehörden Russland hinter den Angriffen. Mehr als 270 Fahrzeuge in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg und Bayern sollen betroffen sein. Ziel soll gewesen sein, Stimmung gegen die Grünen im Wahlkampf zu machen.

Zunächst richtete sich der Verdacht gegen radikale Klimaaktivisten. Laut dem Spiegel gerieten jedoch im Dezember vergangenen Jahres drei Männer aus Süddeutschland in den Fokus der Ermittlungen.

Sie sind bei einer Polizeikontrolle in der Nähe eines Tatorts in Schönefeld bei Berlin aufgefallen. Bei den darauffolgenden Hausdurchsuchungen haben die Ermittler dann Bauschaumdosen, Handys und Laptops gefunden.

Wahlplakate in Wernigerode
Wahlplakate in Wernigerode Matthias Schrader/Copyright 2019 The AP. All rights reserved

Sabotage, um die Bundestagswahl zu beeinflussen?

Es wird von einer gezielten Kampagne gesprochen, die darauf abzielt, im Bundestagswahlkampf Ressentiments gegen die Grünen und deren Kanzlerkandidaten zu schüren.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt seit Längerem vor einer möglichen russischen Einflussnahme auf die Bundestagswahl und sogenannten russischen Proxys.

"Dabei handelt es sich um Personen, die durch russische Nachrichtendienste oder sonstige staatliche Organe online dafür rekrutiert werden, Sabotage- oder Propagandaaktivitäten durchzuführen", heißt es in einer Mitteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutzes.

Die Grünen haben sich bezüglich der möglichen Sabotage bereits zu Wort gemeldet. In einer Mitteilung macht der Stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremium, Konstantin von Notz, erneut deutlich, wie hoch die derzeitige Bedrohungslage ist.

"Als Grüne weisen wir seit langem darauf hin, dass verschiedene autoritäre Staaten, allen voran Russland und China, sich zum Ziel gesetzt haben, Deutschland gezielt zu schwächen, öffentliche Diskurse zu manipulieren und demokratische Willensbildungsprozesse bis hin zu Wahlen zu attackieren", heißt es in dem Statement.

"Seit Monaten wird durch Spionage und Sabotage gezielt versucht, Verunsicherung zu schüren, bestehende Konflikte anzuheizen und uns als Gesellschaft zu spalten. Die entsprechenden Warnungen unserer Sicherheitsbehörden könnten klarer kaum sein. Was sichtbar wird, ist nur die absolute Spitze des Eisbergs."

Der Einsatz sogenannter "Wegwerf-Agenten"

"Wegwerf-Agenten" sind ein weiteres Instrument des hybriden Krieges. Statt auf professionelle, hochtrainierte Agenten zu setzen, rekrutieren russische Geheimdienste Einzelpersonen für einmalige Sabotageakte.

Die so Angeworbenen erhalten über Messenger-Apps, wie Telegram oder Viber, einfache Aufträge, die ohne besondere Ausbildung ausgeführt werden können, wie beispielsweise kleinere Brandstiftungen oder auch das Anbringen von Propaganda-Stickern oder Flyer.

Was ist der Unterschied zwischen traditioneller und hybrider Kriegsführung?

Olha Danchenkova, StratComm-Spezialistin, Mitbegründerin der in der Ukraine ansässigen Kommunikationsagentur Calibrated, Mitbegründerin der NGO PR Army, erklärt gegenüber Euronews, dass in der hybriden Kriegsführung konventionelle militärische Operationen mit einer Reihe von nichtmilitärischen Taktiken kombiniert werden, um strategische Ziele zu erreichen und gleichzeitig eine plausible Bestreitbarkeit zu gewährleisten.

"Ziel ist es, die Schwachstellen eines Gegners in mehreren Bereichen auszunutzen und so Unklarheit zu schaffen. Zu diesen Taktiken gehören Cyberangriffe, Desinformationskampagnen, wirtschaftlicher Zwang (wie beispielsweise die Abhängigkeit von Öl und Gas), diplomatischer Druck, die Bewaffnung von Migranten (wie in Belarus), Korruption, die Einmischung in Wahlen und der Einsatz von Stellvertreterkräften."

Gegenüber Euronews ergänzt Ihor Solovei, Leiter des ukrainischen Zentrums für strategische Kommunikation und Informationssicherheit, dass das Arsenal der hybriden Aggression eine breite Palette von Instrumenten, darunter auch Desinformation, enthalte.

Er erklärt den Unterschied von hybrider und traditioneller Kriegsführung anhand eines Beispiels aus seinem Heimatland. Hybride Kriegsführung zeichnet sich dadurch aus, dass Informationsoperationen, sogenannte False-Flag-Operationen und der Einsatz anderer nichtmilitärischer Methoden zur Beeinflussung des Gegners bei dieser Art von Aggression eine große Rolle spielen.

"Hier ein Beispiel: im Jahr 2022 eroberte Russland Mariupol mit traditionellen Methoden der Kriegsführung - Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge, Luftfahrt und Infanterie. Es war eine klassische Militäroperation. Zehn Jahre zuvor, im Jahr 2014, eroberte Russland Donezk mit hybriden Kriegsmethoden. Infolge von Informations- und Propagandaoperationen wandte sich ein Teil der örtlichen Bevölkerung gegen die Zentralregierung", erklärt er.

Menschen tragen eine riesige Flagge während der Feierlichkeiten zum Tag der Flagge der "Volksrepublik Donezk" in der Ostukraine, 19. Oktober 2014.
Menschen tragen eine riesige Flagge während der Feierlichkeiten zum Tag der Flagge der "Volksrepublik Donezk" in der Ostukraine, 19. Oktober 2014. Dmitry Lovetsky/AP

"Russische Spezialeinheiten und Söldner stürzten mit Unterstützung lokaler Kollaborateure die rechtmäßigen Behörden der Stadt mit Gewalt. Anders als bei einer vollständigen Invasion verbarg Russland 2014 seine Rolle bei den Ereignissen, indem es Fehl- und Falschinformationen verbreitete", fügt Solovei hinzu.

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