Noch nie waren so viele Europäer im Verteidigungssektor beschäftigt wie im vergangenen Jahr. Tendenz steigend, wenn es nach dem Verband der 4.000 führenden Unternehmen in der Verteidigung geht. Dieser fordert einen langfristigen Investitionsplan.
Die Verteidigungsbranche boomt: 2024 ist der Umsatz der europäischen Verteidigungsunternehmen um 13,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Auch die Beschäftigung in diesem Sektor ist so hoch wie noch nie. Europas Plan, aufzurüsten, um der aggressiven Haltung Russland etwas entgegenzusetzen, verläuft einem neuen Bericht nach erfolgreich.
Der Umsatz des Verbands der europäischen Luft- und Raumfahrt-, Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (ASD) wuchs insgesamt um 10,1 Prozent auf 325,7 Milliarden Euro. Rund 4.000 Unternehmen werden vom ASD vertreten. Das ging aus einem kürzlich veröffentlichen Jahresbericht hervor.
Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 13,8 Prozent und einem Umsatz von 183,4 Millairden Euro führt der Verteidigungssektor. Die zivile Luftfahrt verzeichnete im Vergleichszeitraum einen Anstieg von sechs Prozent.
Auch die direkte Beschäftigung im Verteidigungssektor stieg um 6,9 Prozent auf 1.103.000. Es handelt sich um den jemals höchsten Stand. Sotrug der Verteidigungssektor erneut den größten Teil zum Wachstum bei, mit 633.000 direkten Arbeitsplätzen, 8,6 Prozent mehr als im Vorjahr.
"Unsere Sektoren sind nicht nur für die europäische Wirtschaft lebenswichtig. Sie sind in erster Linie für die Sicherheit, die Konnektivität und die Nachhaltigkeitsbestrebungen Europas wichtig - und letztlich für seine Souveränität und seine Position auf der Weltbühne in einer sich schnell verändernden und zunehmend unberechenbaren geopolitischen und technologischen Landschaft", schrieb Micael Johansson, ASD-Präsident und CEO von Saab, in einer Erklärung.
"Investitionen in unsere Industrie sind Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit, Widerstandsfähigkeit und Souveränität Europas. Der nächste mehrjährige EU-Haushalt muss dies als Priorität widerspiegeln", fügte er hinzu.
Verteidigungssektor führt Anstieg der europäischen Militärproduktion an
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben ihre Verteidigungsausgaben drastisch erhöht, seit Russland Anfang 2022 eine groß angelegte Invasion in der Ukraine gestartet hat und Geheimdienstberichte davor warnen, dass Moskau noch vor Ende des Jahrzehnts ein weiteres europäisches Land angreifen könnte.
Infolgedessen gaben die Mitgliedstaaten im vergangenen Jahr 343 Milliarden Euro für die Verteidigung aus, gegenüber 251 Milliarden Euro im Jahr 2021.
Die Europäische Kommission versucht, mit einer Reihe von Maßnahmenpaketen noch mehr Investitionen in diesem Sektor anzustoßen, indem sie den EU-Staaten beispielsweise mehr steuerlichen Spielraum für Verteidigungsausgaben einräumt oder die Bürokratie für Verteidigungsunternehmen abbaut, damit diese expandieren und somit mehr und schneller produzieren können.
Auch der Vorschlag für den nächsten Siebenjahreshaushalt der EU spiegelt diesen Wandel wider: 131 Milliarden Euro sind für die Verteidigung vorgesehen - gegenüber rund 10 Milliarden Euro im Haushalt 2021-2027.
Die Mitgliedstaaten sind jedoch nach wie vor unterschiedlicher Meinung darüber, ob sie der in Europa hergestellten Ausrüstung den Vorzug geben sollen, deren Lieferung länger dauern kann, da die Fertigungsstraßen für die Kriegsproduktion stottern, oder ob sie ausländische Standardausrüstungen kaufen sollen, und in welche Fähigkeiten dringend investiert werden sollte.
Es wird erwartet, dass die Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Gipfeltreffen Ende dieses Monats einen von der Kommission im Oktober vorgelegten Fahrplan für die Verteidigungsbereitschaft billigen werden. Dieser sieht vier sogenannte Vorzeigeprojekte vor, darunter eine Drohnenmauer als Teil der Ostflankenüberwachung.
Die EU-Exekutive prüft derzeit auch die Pläne der 19 Mitgliedstaaten, die Mittel aus dem 150 Milliarden Euro schweren SAFE-Programm für Verteidigungsdarlehen beantragt haben, mit dem Ziel, die Gelder bis zum Ende des ersten Quartals des nächsten Jahres auszuzahlen.
"Steigende Verteidigungsbudgets und eine vertiefte industrielle Zusammenarbeit sind ein starkes Signal", sagte auch ASD-Generalsekretär Camille Grand in der Erklärung.
"Allerdings müssen die Investitionen über einen längeren Zeitraum hinweg aufrechterhalten werden, um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen", fügte er hinzu.
"Außerdem fließt immer noch ein erheblicher Anteil der Beschaffung von Verteidigungsgütern an außereuropäische Lieferanten, was die dringende Notwendigkeit unterstreicht, die Souveränität der Lieferkette zu stärken und sicherzustellen, dass die europäischen Investitionen die eigenen industriellen Kapazitäten Europas stärken", so Grand abschließend.