Wie das spanische KI-Model Aitana bis zu 10.000 Euro im Monat verdient

Aitana López ist das erste spanische KI-Model.
Aitana López ist das erste spanische KI-Model. Copyright The Clueless Agency
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Von Laura Llach
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Aitana ist eine erfolgreiche spanische Influencerin. Mit einer Besonderheit: Sie existiert gar nicht wirklich, sie ist ein von einer Agentur geschaffenes KI-Model.

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Aitana, das erste spanische KI-Model, wurde in einer Krisenzeit geboren.

Vergangenen Sommer machte ihr Entwickler Rubén Cruz, der Gründer der Agentur The Clueless, eine schwere Zeit durch, da er nicht viele Kunden hatte.

"Wir begannen zu analysieren, wie wir arbeiteten, und stellten fest, dass viele Projekte aufgrund von Problemen, auf die wir keinen Einfluss hatten, auf Eis gelegt oder abgesagt wurden. Oft lag es an den Influencern oder Models und nicht am Entwurf", erklärt Cruz gegenüber Euronews.

Also beschloss die Agentur, eine eigene Influencerin zu schaffen, um sie als Model für Aufträge von Marken zu nutzen.

So entstand Aitana, eine ausgelassene, makellose 25-jährige Frau mit rosa Haaren aus Barcelona. Das virtuelle Model verdient nach Angaben ihres Schöpfers inzwischen bis zu 10.000 Euro im Monat, im Durchschnitt sind es immerhin 3.000 Euro.

"Wir haben das gemacht, um unseren Lebensunterhalt besser bestreiten zu können und nicht von anderen Leuten abhängig zu sein, die ein Ego haben, wahnsinnig sind oder einfach nur viel Geld mit Posen verdienen wollen", sagt Cruz.

Gestalterinnen arbeiten an neuen Bildern von Aitana.
Gestalterinnen arbeiten an neuen Bildern von Aitana.The Clueless Agency

Das Einkommen von Aitana ist recht unregelmäßig.

Für einen Werbebeitrag verdient sie gut 1.000 Euro. Seit kurzem ist sie das Gesicht von Big, einem Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel für Sport. Auf Fanvue lädt sie außerdem Fotos von sich in Unterwäsche hoch. Die Plattform funktioniert ähnlich wie OnlyFans, Nutzer:innen bezahlen also monatlich, um die Bilder zu sehen.

In nur wenigen Monaten hat sie es geschafft, mehr als 120.000 Follower:innen auf Instagram zu generieren. Tausende Menschen sehen ihre Fotos und reagieren darauf. Sie erhält sogar immer wieder private Nachrichten von Prominenten, die nicht wissen, dass Aitana keine echte Person ist.

"Eines Tages schrieb ein bekannter lateinamerikanischer Schauspieler eine Nachricht, um sie um ein Date zu bitten. Dieser Schauspieler hat etwa 5 Millionen Follower und einige aus unserem Team haben als Kinder seine Fernsehserie gesehen", sagt Cruz.

"Er hatte keine Ahnung, dass es Aitana nicht gab", fügt er hinzu.

Rubén Cruz und Diana Núñez, Aitanas Schöpfer:innen, mit Sofía Novales, der Social Media-Managerin.
Rubén Cruz und Diana Núñez, Aitanas Schöpfer:innen, mit Sofía Novales, der Social Media-Managerin.The Clueless Agency

Wie erweckt man eine KI zum Leben?

Jede Woche trifft sich das Agenturteam, um das Leben von Aitana zu gestalten. Sie entscheiden, was sie während der Woche tun wird, welche Orte sie besuchen wird und welche Fotos hochgeladen werden, um die Follower:innen mit Inhalten zu füttern.

Für die Fotos werden keine Shootings veranstaltet. Unterstützt von Künstlicher Intelligenz sorgen die Designexpert:innen der Agentur dafür, dass das Model zum Beispiel ein Wochenende in Madrid verbringen kann.

"Im ersten Monat haben wir festgestellt, dass die Menschen für das Leben folgen, nicht für die Bilder. Da sie nicht lebendig ist, mussten wir ihr ein wenig Realität geben, damit die Menschen eine Beziehung zu ihr aufbauen konnten. Wir mussten eine Geschichte erzählen", sagt der Grafikdesigner Cruz.

Deshalb habe Aitana im Gegensatz zu herkömmlichen Models, deren Persönlichkeit normalerweise nicht offenbart werde, damit sie eine "leere Leinwand" für Designer:innen sein könnten, eine "ganz eigene Persönlichkeit", erklärt er.

Sie wurde als zielstrebige Fitness-Enthusiastin mit einem komplexen Charakter angelegt. Auf ihrer Website beschreibt sie sich selbst als aufgeschlossen und fürsorglich.

"Wir haben uns viele Gedanken über Aitana gemacht. Wir haben sie auf der Grundlage dessen geschaffen, was die Gesellschaft am meisten mag. Wir haben über die Vorlieben, Hobbys und Nischen nachgedacht, die in den letzten Jahren im Trend lagen", erklärt Cruz.

Nachdem sie die Trends analysiert hatten, stellten sie fest, dass sich die östliche Kultur in den letzten Jahren stark an Europa orientiert hat. Das versuchten sie aufzugreifen, indem sie Aitana rosa Haare und eine Schwäche für Videospiele verpassten.

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Aitana war ein solcher Erfolg, dass ihre Designer:innen bereits ein zweites virtuelles Model namens Maia kreiert haben, das "etwas schüchterner" ist. Auch die Namen wurden nicht zufällig gewählt, beide enthalten die englische Abkürzung für künstliche Intelligenz (AI).

Social Media-Posts von Aitana
Social Media-Posts von AitanaEuronews

Kritik an der Verwendung von KI-Models

Die Agentur wird mit Anfragen von Marken überschwemmt, die ihr eigenes, personalisiertes Model haben wollen.

"Sie wollen ein Bild haben, das keine reale Person ist und das ihre Markenwerte repräsentiert, damit es keine Kontinuitätsprobleme gibt, wenn sie jemanden entlassen müssen oder nicht mehr auf ihn zählen können", sagt Cruz.

KI-Models sind außerdem vergleichsweise kostengünstig. Die Verdienste echter Spitzen-Influencer:innen bezeichnet Cruz als "abnormal".

"Kim Kardashian verdient eine Million Euro für ein Instagram-Foto und sie heilt keinen Krebs. Niemand verdient eine Million Euro dafür, dass er ein Foto in einem sozialen Netzwerk hochlädt, das erscheint mir absurd", sagt er.

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Die Agentur glaubt, dass KI-Models dazu beitragen könnten, die Preise auf dem Markt zu senken und kleinen Agenturen, die sich keine großen Werbekampagnen leisten können, Auftrieb zu geben.

Die Praxis ist jedoch nicht unumstritten. Kritische Stimmen befürchten, dass die unrealistische Perfektion der Models gerade jüngere Follower:innen dazu verleiten könnte, dieser Perfektion nachzueifern.

Kritisiert wird auch die stark sexualisierte Darstellung der KI-Models. Nicht nur auf ihrem Fanvue-Account ist Aitana in Unterwäsche zu sehen. Auch auf ihrem Instagram-Account existieren zahlreiche solche Bilder. Die Agentur entgegnet auf die Kritik, dass man einfach der Ästhetik folge, die bereits von echten Influencer:innen und Marken geschaffen worden sei.

"Wenn wir dieser Ästhetik nicht folgen, werden die Marken nicht interessiert sein. Um dieses System zu ändern, muss man die Vision der Marken ändern. Die Welt im Allgemeinen ist sexualisiert", so Cruz.

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