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Europawahlen 2024: Überschatten nationale Themen den Urnengang? Oder geht es wirklich um Europa?

Europäisches Parlament in Straßburg
Europäisches Parlament in Straßburg Copyright Jean-Francois Badias / AP Photo
Copyright Jean-Francois Badias / AP Photo
Von Amandine Hess
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Französisch

In diesem Jahr gibt es in vielen EU-Ländern auch nationale Wahlen. Degradieren diese die Europawahl im Juni? Euronews hat nachgefragt.

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Denken die Wählerinnen und Wähler an Europa, wenn sie im Juni ihre Stimme abgeben? 

In Frankreich bezeichnet der rechtsextreme Spitzenkandidat der Le-Pen-Partei, Jordan Bardella, die Europawahl 2024 als Test für Emmanuel Macron und ruft dazu auf, den Präsidenten abzustrafen. "Wenn ich an der Spitze stehe, werde ich natürlich noch am selben Abend die Auflösung der Nationalversammlung beantragen“, sagt Bardella - dessen Partei in den französischen Umfragen vorne liegt, in einem Interview mit RTL - losgelöst von der Verfassungsrealität. Denn nur der französische Präsident kann das Parlament auflösen.

"Ja, die Europawahlen 2024 bereiten die Präsidentschaftswahlen von 2027 vor“, meint auch der linke Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise.

"Zweitklassige nationale Wahlen“

Ein Jahr nach den ersten Europawahlen 1979 beschreiben die Forscher Karlheinz Reif und Hermann Schmitt die Wahlen als „zweitklassige nationale Wahlen“. Da sie als wenig wichtig wahrgenommen werden, würden sie es den politischen Kräften ermöglichen, ihre Popularität auf nationaler Ebene zu überprüfen, insbesondere wenn sie mitten in der Amtszeit des Präsidenten stattfinden. 

Europawahl ist letzter Urnengang vor 2027 in Frankreich

Politikforscher Eric Maurice vom European Policy Centre erklärt, warum der Europawahl eine nationale Bedeutung beigemessen wird: "In Frankreich ist dies die einzige größere Wahl vor der nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2027. Da es sich um eine landesweite Listenwahl handelt, ist die Versuchung groß, die Wahl national zu sehen."

Die Europawahlen werden nach nationalen Regeln organisiert. Sogar das Wahlalter ist nicht in allen 27 Ländern gleich. Daher erstaunt es kaum, dass viele Wahlberechtigte zuallererst an ihre eigenen Interessen denken.

"Nationale, wirtschaftliche und soziale Interessen"

Pascal Perrineau ist emeritierter Professor der Uni Sciences Po in Paris. Er sagt im Gespräch mit Euronews zur Europawahl: "Die Wähler bereiten sich mehr darauf vor, nach nationalen, wirtschaftlichen und sozialen Argumenten zu wählen - momentan steigende Energiekosten, Probleme mit der Inflation. Mehr als nach europäischen Themen - wie den europäischen Institutionen, der europäischen Politik oder dem Krieg in der Ukraine."

In vielen EU-Ländern gibt oder gab es in diesem Jahr nationale Urnengänge, die die EU-Wahl zu überschatten drohen. So wird in Belgien gleichzeitig mit der Europawahl am 9. Juni und in Österreich spätestens im Herbst ein neues Parlament gewählt.

In Polen führten die Parlamentswahlen im Oktober nach der Niederlage der ultrakonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und dem Sieg der von Donald Tusk angeführten Bürgerkoalition zu einem Machtwechsel. Eric Maurice sagt dazu: "Für die im Herbst unterlegene Partei Recht und Gerechtigkeit ist dies auch eine Gelegenheit, auf nationaler Ebene wieder in die Spur zu kommen",.

Eine ähnliche Analyse in der Tschechischen Republik, wo die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Andrej Babis, die bei den letzten Präsidentschaftswahlen verloren hat, laut einigen Umfragen bei den Europawahlen in Führung liegt. "Für ihn ist das auch die Aussicht, wieder an die Macht zu kommen, vielleicht bei den nächsten Präsidentschaftswahlen", analysiert Eric Maurice.

Hat sich die EU in Krisen bewährt?

Umfragen zufolge spielen europäische Interessen bei gebildeteren und wohlhabenderen Wahlberechtigten eine größere Rolle. Und jüngste Krisen wie Corona und der Ukraine-Krieg haben den Fokus auf die EU gelenkt.

Dazu sagt Éric Maurice vom European Policy Centre: "Die Frage für die europäischen Institutionen ist zu zeigen, dass diese europäischen Maßnahmen nicht nur existieren, sondern auch wirksam sind. Und das ist gegenüber der öffentlichen Meinung viel schwieriger."

Europäische vs nationale Themen?

In mehreren Studien wird jedoch beobachtet, dass sich europäische Einstellungen bei den Wahlen zum Europäischen Parlament herauskristallisieren. So belegen Céline Belot und Virginie Van Ingelgom, dass es bei den Europawahlen 2014 eine Wahlentscheidung über die europäischen Positionen gab.

Laut einer Ipsos-Umfrage, die für „Le Monde“, Cevipof, die Jean-Jaurès-Stiftung und das Montaigne-Institut durchgeführt wurde, überwiegen nationale Themen für die Hälfte der Befragten die europäischen Themen.

53% der französischen Befragten geben an, dass sie bei ihrer Wahlentscheidung „vor allem die Vorschläge der Parteien zu nationalen Themen“ berücksichtigen werden, und 47%, wenn es um europäische Fragen geht.

Darüber hinaus geben 52% der französischen Befragten an, dass sie „vor allem wählen werden, um ihre Unterstützung oder Ablehnung des Präsidenten der Republik oder seiner Regierung zum Ausdruck zu bringen“.

„In bestimmten Kreisen, ich denke dabei insbesondere an Angestellte, Manager, aktive Menschen unter 50 Jahren, herrscht die Erkenntnis, dass Europa mehr als etwas weit von Brüssel oder Straßburg entfernt ist“, erklärt Pascal Perrineau, der zu dieser Studie beigetragen hat. "Andererseits denke ich in bestimmten Umgebungen, die weiter von Europa entfernt sind, an Arbeiter, Angestellte, Arbeitslose (...), da gibt es ein nationales Anliegen, das oft Vorrang vor europäischen Bedenken hat, präzisiert der Autor von „Le goût de la politique“ (Éditions Odile Jacob).

Aber sind die europäischen Themen tatsächlich andere als die der nationalen Regierungen? Europäische Themen wie Einwanderung, gemeinsame Agrarpolitik oder die Unterstützung der Ukraine in die nationalen Wahlen einbezogen.

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Mehr und mehr sind die Herausforderungen unerer Zeit europäisch oder gar global - und so eng miteinander verflochten, so dass es kaum noch möglich ist, nationale Probleme losgelöst von Europa zu betrachten.

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