Kassenschlager "Mein Kampf": "Die Verkaufszahlen haben uns überrollt"

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Von Andrea Büring
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Hitlers Hetzschrift, kommentiert und wissenschaftlich aufgearbeitet, verkaufte sich im letzten Jahr 85.000 Mal.

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Die Befürchtungen waren groß, doch das Institut für Zeitgeschichte in München sieht sich in seinem schwierigen Vorhaben bestätigt.

Seine kritische Ausgabe von Mein Kampf hat sich im vergangen Jahr 85.000 Mal verkauft. Im April führte das Buch die Spiegel-Bestseller-Liste an. “Diese Verkaufszahlen haben uns überrollt,” sagt IFZ-Direktor Andreas Wirsching. Ende Januar kommt bereits die sechste Auflage innerhalb eines Jahres auf den Markt.

Die Urheberrechte am antisemitischen Machwerk, in dem der deutsche Diktator seinem Hass gegen Juden freien Lauf ließ, waren Ende 2015 ausgelaufen. Damit die Hassschrift danach nicht für rechte Propaganda missbraucht wird, machten sich Wissenschaftler des Instituts für Zeitgeschichte an eine kommentierte Ausgabe.

Das Historikerteam um Christian Hartmann fügte etwa 3.500 Kommentare hinzu.

Eine Leistung, die vor zwei Monaten mit dem mit 50.000 Euro dotierten Preis Gesellschaft braucht Wissenschaft honoriert wurde.
“Die Publikation zeigt Hitlers Falschaussagen und Verdrehungen auf,korrigiert sachliche Fehler und erläutert den zeitgenössischen Kontext,” erklärt Wirsching gegenüber der dpa.

Hitler schrieb den Großteil des zweiteiligen Buches zwischen 1924 und 1926. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es von den Alliierten aus den Bücherregalen verbannt. Bis dahin hatte sich die Hetzschrift bereits 12 Millionen Mal verkauft und war in 18 Sprachen übersetzt worden.

Als sich das Institut für Zeitgeschichte der Sache annahm, waren die Befürchtungen groß, Neonazis könnten mit der Neuauflage von “Mein Kampf” Stimmung machen. Tatsächlich kündigte der rechte Verlag “Der Schelm” an, Hitlers Originaltext ungekürzt und ohne “lästige Kommentare von Gutmenschen” nachdrucken zu wollen. Die Leipziger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung.

Abgesehen davon haben sich dem IfZ zufolge die anfänglichen Befürchtungen als unbegründet erwiesen: Es habe keine Propaganda-Aktionen gegeben. Unter den Käufern seien “keine Ewiggestrigen oder Rechtsradikale”, sondern viele Lehrer sowie politik- und geschichtsinteressierte Leser.

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