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1 Milliarde Dollar: Deutschland sichert Pflege von Holocaust-Überlebenden weltweit ab

Deutschland sichert Pflege von Holocaust-Überlebenden mit eine Milliarde Dollar weltweit ab.
Deutschland sichert Pflege von Holocaust-Überlebenden mit eine Milliarde Dollar weltweit ab. Copyright  AP Photo
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Von Euronews
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Mit 1 Milliarde Dollar will Deutschland die Pflege von Holocaust-Überlebenden weltweit im kommenden Jahr unterstützen. Es handelt sich um das größte Budget, das das Bundesfinanzministeriun dafür freigibt.

Eine Milliarde Dollar - so viel wie noch nie zuvor - wird Deutschland für die häusliche Pflege von Holocaust-Überlebenden weltweit im Jahr 2026 bereitstellen. Das hat die Organisation Claims Conference mit dem deutschen Finanzministerium ausgehandelt.

"Diese historische Aufstockung der Mittel für die häusliche Pflege spiegelt die komplexen und wachsenden Bedürfnisse der Holocaust-Überlebenden weltweit wider", sagte Gideon Taylor, Präsident der in New York ansässigen Conference on Jewish Material Claims Against Germany, auch bekannt als Claims Conference.

Die Organisation teilte am Mittwoch mit, dass Deutschland zugestimmt hat, für das kommende Jahr rund 924 Millionen Euro (1 Milliarde Dollar) für die häusliche Pflege von schutzbedürftigen und gebrechlichen Holocaust-Überlebenden bereitzustellen. Es handelt sich um das größte Budget in der Geschichte der Claims Conference.

"Budget ist entscheidend, um in Würde zu altern"

"Während wir jedes Jahr in rasantem Tempo Überlebende verlieren, sind diejenigen, die noch übrig sind, älter, gebrechlicher und bedürftiger als je zuvor", erklärte Taylor. Derzeit gibt es noch rund 200.000 jüdische Überlebende des Holocaust.

In einem Bericht der Organisation heißt es jedoch, in den kommenden zehn Jahren werden rund 70 Prozent der Überlebenden sterben. Zuletzt ist auch die deutsche Überlebende, Margot Friedländer, in Berlin im Alter von 103 Jahren gestorben.

Das Durchschnittsalter der Überlebenden, die durch die Finanzierung der Claims Conference häusliche Pflege erhalten, ist von 86 Jahren im Jahr 2018 auf 88,5 Jahre im Jahr 2024 gestiegen. "Dieses Budget ist entscheidend, um jedem von ihnen die Möglichkeit zu geben, in Würde zu altern - eine Würde, die ihnen in ihrer Jugend genommen wurde", fordert Taylor.

Die von der Organisation gesammelten Daten zeigen, dass die Überlebenden komplexere Gesundheitsbedürfnisse und zunehmende Behinderungen haben. Die Zahl der Überlebenden, die aufgrund einer schweren Behinderung – wie Alzheimer, Parkinson und Demenz – Anspruch auf Vollzeitpflege haben, hat sich in den vergangenen sechs Jahren fast verdoppelt.

Unterstützungszahlungen an Holocaust-Überlebende verlängert

Darüber hinaus wurden die Zahlungen aus dem Hardship Fund Supplemental, die zuvor bis 2027 jährlich an berechtigte Holocaust-Überlebende garantiert waren, bis 2028 in Höhe von 1.450 Euro pro Überlebendem verlängert. Weltweit erhalten mehr als 127.000 Holocaust-Überlebende diese Unterstützung.

Die Claims Conference schätzte im April, dass noch etwa 200.000 Überlebende am Leben sind, von denen die meisten in Israel, den Vereinigten Staaten und Europa leben, aber auch in der ganzen Welt verstreut sind.

Außerdem werden sogenannte "Judenhelfer" – Nichtjuden, die während des Holocaust ihr Leben riskierten, um Juden zu retten – ebenfalls Anspruch auf Hilfszahlungen haben, so die Organisation weiter. Derzeit erhalten sie eine monatliche Rente von der Claims Conference. Nun soll für sie festgelegt werden, dass sie ebenfalls Anspruch auf eine häusliche Pflege wie jüdische Überlebende haben.

"Es ist von großer Bedeutung, dass die deutsche Regierung auch 80 Jahre nach der Befreiung ihre Verantwortung gegenüber denjenigen wahrnimmt, die gelitten haben und überlebt haben", sagte Colette Avital, Holocaust-Überlebende und Mitglied der Verhandlungsdelegation der Claims Conference

"Jeder Überlebende – und jeder Retter – verdient es, in Würde zu leben und gesehen, gehört und umsorgt zu werden."
Colette Avital
Holocaust-Überlebende

"Jeder Überlebende – und jeder Retter – verdient es, in Würde zu leben und gesehen, gehört und umsorgt zu werden", fügte Avital hinzu.

Die Finanzierung der Holocaust-Aufklärung wurde ebenfalls bis 2029 verlängert, mit einer Gesamtfördersumme von 175 Millionen Euro. Darunter fallen beispielsweise Bildungsprogramme mit Initiativen zur Lehrerausbildung, aber auch akademische Forschung und das Sichern und Entwickeln von Filmen, Spielen und Virtual-Reality-Erlebnissen.

Laut der Claims Conference haben insbesondere Virtual-Reality-Erlebnisse ein größeres Potenzial, ein breiteres, mainstreamorientiertes Publikum zu erreichen, so die Gruppe. Derzeit nehme das Wissen über den Holocaust ab und Antisemitismus zu.

Die Eisenbahnschienen, an denen Hunderttausende Menschen imehemaligen nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau ankamen.
Die Eisenbahnschienen, an denen Hunderttausende Menschen imehemaligen nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau ankamen. AP Photo

"Es ist unerlässlich, dass wir in die Zukunft der Holocaust-Aufklärung investieren, solange wir noch lebende Zeugen haben, die ihre Erfahrungen aus erster Hand weitergeben können", sagte Greg Schneider, Executive Vice President der Claims Conference.

"Das ist unsere moralische Verpflichtung gegenüber den Überlebenden des Holocaust und den 6 Millionen Ermordeten."

KI-Projekt soll Holocaust Zeugnisse sichern

Ein Projekt aus Essen setzt hier an. Mithilfe künstlicher Intelligenz sollen die Erzählungen von Überlebenden des Holocaust wieder lebendig gemacht werden. Das Projekt "Holo-Voices" basiert demnach auf Gesprächen mit jüdischen Zeitzeugen, die das Deutsche Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek geführt und aufgezeichnet hat.

Mit digitaler Technik sollen die Überlebenden als dreidimensionales Hologramm erneut erscheinen, auch nach ihrem Tod. Durch einen von KI gesteuerten Mechanismus soll es möglich sein, Fragen zu stellen, auf die passende Original-Antworten aus Interviews gegeben werden.

"In Zeiten, in denen der Antisemitismus in einem beunruhigendem Ausmaß erstarkt, ist das Hologramm-Projekt ein Leuchtturm", sagte Vizepräsident des Zentralrates der Juden, Abraham Lehrer.

Das Projekt soll Ende Januar im kommenden Jahr bereits eröffnet werden.

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