Pussy-Riot-Aktivist in Berlin unter Polizeischutz: "Wegen Geschichte mit Zentralafrika vergiftet"

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Copyright Nadezhda Tolokonnikova/Handout via REUTERS
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Von Euronews
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Der russische Aktivist Pjotr Wersilow will nach Russland zurück. Nach seiner Entlassung aus der Charité steht er in Berlin unter Polizeischutz.

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Der russische Pussy-Riot-Aktivist Pjotr Wersilow, der wegen einer Vergiftung in der Charité in Berlin behandelt wurde, glaubt, dass er wegen seiner Recherchen zu in der Zentralafrikanischen Republik getöteten Journalisten angegriffen wurde. Der 30-jährige Ehemann von Nadeschda Tolokonnikowa, einer Mitbegründerin von Pussy-Riot, war auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft als Flitzer in Polizeiuniform aufs Spielfeld gerannt.

Im Interview mit der Deutschen Welle erklärte Wersilow: "Ich glaube, am wichtigsten war, uns zu warnen, dass wir nicht zu tief in die Aufklärung dessen eintauchen, was in Afrika passiert ist. Mit Gift zu arbeiten, ist sowas wie ihre Sprache geworden. Und ich denke, die Geschichte in Afrika war der Hauptgrund dafür."

Wersilow arbeitete an einem Dokumentarfilm zu den Hintergründen der Ermordung der russischen Investigativjournalisten, in der Zentralafrikanischen Republik, die über den angeblichen Einsatz von russischen Söldnern und russische Bergbau-Interessen in Afrika recherchiert hatten. Wersilow ist auch Gründer der Website "MediaZona“, die über Gerichtsverfahren gegen Menschenrechtsaktivisten berichtet.

Der 30-Jährige hat weiter Seh-Probleme. Zu der vermuteten Vergiftung meint Pjotr Wersilow im Gespräch mit dpa: "Es war vermutlich ein flüssiges Nervengift, denn es gab keine Chance, mir eine Spritze zu setzen", Am 11. September sei er vor einem Besuch in einem Gerichtsgebäude in einem Café gewesen. Dort habe sich etwas zum Essen und Trinken gekauft. Rund zwei Stunden später habe er kaum noch etwas sehen können und die Kontrolle über Bewegungen verloren. Am Abend habe ihn seine Familie bereits bewusstlos mit einer Ambulanz in eine Moskauer Klinik bringen lassen.

Erst in Berlin habe er langsam und bruchstückhaft sein Erinnerungsvermögen wiedergewonnen. "Ich habe den Charité-Chef am Anfang für einen Gefängniswärter gehalten", erinnert sich Wersilow.

Seine Vermutung, dass der russische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte, sieht Wersilow durch die Untersuchungen an der Charité bestätigt. "Die Ärzte hier haben gesagt, dass es Vergiftungserscheinungen waren. Aber mit einem Stoff, den sie nicht erkennen können. Etwas sehr Ungewöhnliches. Bekanntermaßen können nur wenige Organisationen auf der Welt solche Stoffe herstellen." Russische Behörden kommentierten Wersilows Behauptungen bislang nicht. Der Fall spielt in russischen Medien kaum eine Rolle.

Für ihn sei die Möglichkeit einer Vergiftung kein Schock gewesen, sagte Wersilow. "Wenn man ein Jahrzehnt lang mit Oppositionspolitik in Russland zu tun hat, gewöhnt man sich einfach dran", erklärte er. Er sehe sich nicht als Helden. "Aber wenn man den Wunsch, die Fähigkeit und die Stärke für Oppositionspolitik in Russland hat, dann sollte man das auch tun." Anders kämen Veränderungen nicht in Gang.

Gefängnisaufenthalte für seine Arbeit nimmt Wersilow dafür in Kauf. "Die Bedingungen für Aktivisten sind im Gefängnis ganz in Ordnung. Für normale Bürger sind sie viel schlimmer", berichtete er. "Für jeden Gefängnisboss, der mich oder andere Aktivisten in Obhut bekommt, ist das ein Alptraum. Er muss sich plötzlich Buchstabe für Buchstabe an die Regeln erinnern."

In Berlin hat Wersilow Polizeischutz. Und in Moskau? "Da ist das nicht nötig. Wenn sie dir in Russland was antun wollen, dann machen sie das, egal, wie viele Leibwächter du hast."

Den Flug nach Berlin und den Aufenthalt in der Uni-Klinik hatten der Cinema for Peace-Gründer Jaka Bizilj und Unterstützer auf Wunsch von Wersilows Familie organisiert und finanziert. Bizilj hatte bereits zuvor Kontakte zu Pussy Riot.

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