Brexit-Deal deutlich gescheitert: Übersteht May das Misstrauensvotum?

Brexit-Befürwoter und Brexit-Gegner vor dem Parlament in London
Brexit-Befürwoter und Brexit-Gegner vor dem Parlament in London Copyright REUTERS/Henry Nicholls
Von Christoph Wiesel
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Nach dem Scheitern des Brexit-Abkommens im britischen Unterhaus sucht Premierministerin Theresa May nach einem Ausweg aus dem Chaos. Auch ihr eigenes politisches Überleben steht auf dem Spiel.

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Deutlicher hätte das Urteil zu Theresa Mays Brexit-Deal kaum ausfallen können: Nur 202 Abgeordnete stimmten für das Abkommen, 432 dagegen – ein Ergebnis, das auch für May persönlich schmerzhaft ist. Vor der Abstimmung hatte sie noch leidenschaftlich für ihr Brexit-Abkommen geworben. Jetzt sucht die Premierministerin nach einem Ausweg aus dem Chaos. Mit Vertretern aller Parteien will sie gemeinsam eine Lösung suchen.

"Die Regierung wird konstruktiv an diese Treffen herangehen, aber angesichts der dringenden Notwendigkeit, Fortschritte zu erzielen, müssen wir uns auf Ideen konzentrieren, die wirklich verhandelbar sind und ausreichend Unterstützung in diesem Haus haben", sagte May im Parlament. "Wenn die Treffen zu solchen Ideen führen, wird die Regierung diese mit der Europäischen Union sondieren."

Davor muss May aber erst ihr eigenes politisches Überleben sichern. Oppositionsführer Jeremy Corbyn will sie ablösen.

"Nach zwei Jahren gescheiterter Verhandlungen hat das Haus sein Urteil zum Brexit-Deal gesprochen", sagte Corbyn am Abend vor den Abgeordneten. "Ich habe einen Misstrauensantrag gegenüber dieser Regierung eingereicht und ich freue mich, dass dieser Antrag morgen (am Mittwoch) debattiert wird."

Doch dass sich tatsächlich eine Mehrheit gegen Theresa May ausspricht, erwartet in London kaum jemand. Der Blick geht nach vorne:

"Das Referendum war ein klares Votum dafür, die EU zu verlassen", sagte Ex-Außenminister Boris Johnson. "Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass das geschieht. Der Deal der Premierministerin wurde abgelehnt, weil er uns in die Zollunion und den Binnenmarkt sperrt. Deswegen brauchen wir jetzt einen neuen Ansatz."

Die große Frage bleibt: Wie könnte dieser Ansatz aussehen? EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte eine zügige Klarstellung aus London. Ratspräsident Donald Tusk fragte zudem, ob das Vereinigte Königreich wirklich den Brexit wolle. Die Brexit-Chefbeauftragten der EU zeigten sich unterdessen optimistisch.

"Es ist jetzt an Großbritannien, uns die nächsten Schritte mitzuteilen", sagte der Brexit-Chefunterhändler der EU, Michel Barnier. "Auf unserer Seite werden wir vereint bleiben und entschlossen, ein Abkommen zu erzielen."

Der Chefbeauftragte des EU-Parlaments für den Brexit, Guy Verhofstadt, sagte: "Was wir nicht wollen ist, dass sich dieses Durcheinander in der britischen Politik jetzt auf die europäische Politik überträgt. Also lasst uns versuchen, eine Lösung finden."

Die Unsicherheit wächst mit dem Votum weiter, in London genau wie in Brüssel. Die Gefahr eines chaotischen Austritts Großbritanniens aus der Union ist durch die Abstimmung wohl eher noch größer geworden.

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