"BMW kollektivieren": Streit um Kühnerts Sozialismus-Thesen

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Juso-Chef Kevin Kühnert hat mit einem Interview für Aufregung gesorgt, indem er unter anderem die Kollektivierung von BMW. Ein Überblick über die Reaktionen.

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Er ist bekannt dafür, sich deutlich links von der SPD zu positionieren - mit seinen jüngsten Äußerungen zur "Überwindung des Kapitalismus" sorgt Juso-Chef Kevin Kühnert in Deutschland trotzdem für große Aufregung. Er hatte in einem Interview mit der "Zeit" gesagt, er wolle eine Kollektivierung von Unternehmen wie BMW "auf demokratischem Wege" erreichen. "Eine Überwindung des Kapitalismus" sei ohne diesen Schritt "nicht denkbar".

Die Reaktionen reichen von Spott und Unverständnis zu sachlicher Kritik und Unterstützung - und spalten auch die Mutterpartei. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der Sozialdemokraten twitterte:

Unterstützung bekam Kühnert vom Parteilinken Ralf Stegner. „Man muss nun wahrlich nicht alle Positionen teilen", so der SPD-Fraktionsvorsitzende in Schleswig-Holstein, "aber mir ist ein Juso-Chef, der links von der SPD steht, allemal lieber als eine Junge Union, die ihre Mutterpartei noch rechts überholt.“

Der SPD-Generalsekretär schlug vor, die Aufregung zu relativieren:

CSU: SPD muss sich von "solchen Hirngespinsten distanzieren"

Die CSU-Spitzen forderten die SPD dazu auf, sich "deutlich von solchen Hirngespinsten zu distanzieren", wie es Generalsekretär Markus Blume ausdrückte. "Kühnert soll in die Linkspartei eintreten", so Generalsekretär Markus Blume. "Mit solchen Leuten ist kein Staat zu machen und kann eine Regierung nicht funktionieren."

Parteichef Markus Söder forderte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) dazu auf, sich mit einer Reform der Grundsteuer von Kühnerts Vorschläge abzugrenzen. "Um zu beweisen, dass die SPD nicht sozialistisch denkt, braucht es endlich einen vernünftigen Vorschlag von Scholz", so Söder. "Jetzt steht die SPD noch mehr unter Beobachtung."

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte der "Bild"-Zeitung: "Zum Glück haben wir den Sozialismus überwunden, bei dem zwar alle gleich, aber alle gleich arm waren. Die Forderung, Betriebe wie BMW zu kollektivieren, zeigt das rückwärtsgewandte und verschrobene Retro-Weltbild eines verirrten Fantasten. Das kann ich alles gar nicht ernst nehmen."

Sven Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen, wies Scheuer via Twitter auf Folgendes hin:

Aus den Reihen der Grünen kam aber auch Kritik an Kühnert:

Und auch die FDP zeigte erwartungsgemäß wenig Verständnis für die Äußerungen des Jungsozialisten:

SPD bekennt sich im Grundsatzprogramm zu "demokratischem Sozialismus"

Ein SPD-Mitglied weist daraufhin, dass das Thema Sozialismus für die Sozialdemokraten nicht unbedingt ein rotes Tuch ist. Tatsächlich findet sich dieser Satz im 2007 beschlossenen Hamburger Programm. Dort heißt es aber außerdem: "Für uns ist der Markt ein notwendiges und anderen wirtschaftlichen Koordinierungsformen überlegenes Mittel."

Und auch die Tatsache, dass Kühnert laut über Alternativen zur sozialen Marktwirtschaft nachdenkt, dürfte im Prinzip wenig überraschen. Schließlich schreiben die Jungsozialisten über sich:

Wir wollen den Kapitalismus überwinden und treten für eine andere Gesellschaftsordnung, den Sozialismus, ein. Wir kämpfen für unsere Vorstellung von einer Gesellschaft der Befreiung der Menschen in der Arbeit, der sozialen Sicherheit und persönlichen Emanzipation. Sozialismus ist für uns keine unerreichbare Utopie, sondern notwendig, um die Probleme unserer Zeit zu lösen.

Kühnert hatte in dem Interview in Bezug auf BMW konkret gesagt: "Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingelschild von BMW 'staatlicher Automobilbetrieb' steht oder 'genossenschaftlicher Automobilbetrieb' oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht." Entscheidend sei, dass die Verteilung der Profite demokratisch kontrolliert werde. "Das schließt aus, dass es einen kapitalistischen Eigentümer dieses Betriebes gibt."

Außerdem will der 29-Jährige den Besitz von Immobilien in Deutschland beschränken. "Ich finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell ist, mit dem Wohnraum anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten", hatte er gesagt. "Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt." Noch besser seien genossenschaftliche Lösungen, im Optimalfall gebe es überhaupt keine privaten Vermietungen mehr, sagte der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation.

Kühnert: Twitter-Streit mit Carsten Maschmeyer

Derweil wird weiter diskutiert und gespottet. Unter anderem lieferte sich Kühnert einen Schlagabtausch mit dem Hannoveraner Unternehmer Carsten Maschmeyer.

Und die Twitter-Gemeinde spottet und wundert sich:

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