Buchmesse in Turin: Faschistischer Verleger ausgeschlossen

Die Buchmesse in Turin findet vom 9.-13. Mai statt
Die Buchmesse in Turin findet vom 9.-13. Mai statt Copyright teojab from Pixabay
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Von Carolin Kuter
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Zahlreiche Autorinnen und Autoren hatten wegen der Teilnahme des faschistischen Verlegers Francesco Polacchi bereits abgesagt. Nun wurde sein Verlag "Altaforte" offiziell ausgeschlossen.

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Buchmessen sind Orte des Austauschs und der Debatten, ausgetragen auf Diskussionveranstaltungen und in angeregten Gesprächen. So ist es meistens und so sollte es sein. Dass Meinungsverschiedenheiten in Zeiten des erstarkenden Rechtspopulismus aber auch zu brenzligen Situationen führen können, zeigte sich 2017 auf der Frankfurter Buchmesse: Mehrere Hundert AnhängerInnen rechter und linker Gruppierungen gingen am Stand des rechten "Antaios"-Verlags aufeinander los und mussten von der Polizei getrennt werden. Auslöser war unter anderem ein Auftritt des AfD-Rechtsaußen-Politikers Björn Höcke.

Frank Rumpenhorst / dpa / AFP
Frankfurter Buchmesse 2017Frank Rumpenhorst / dpa / AFP

Um die am Donnerstag beginnenden Buchmesse in Turin gab es einen ähnlichen Streit: Wegen der angekündigten Präsenz des rechten Verlages "Altaforte" hatten andere TeilnehmerInnen der Messe erklärt, diese boykottieren zu wollen. Nun wurde "Altaforte" die Teilnahme an der Bücherschau untersagt. "Wir wollen unser Image bewahren, unsere demokratische Grundeinstellung und den störungslosen Ablauf der Veranstaltung", so die Begründung der Stadt Turin und der Regierung der Region Piemont. 

Kurz vor der Eröffnung der Buchmesse hatte sich der Konflikt um den Verlag und Verleger Francesco Polacchi zugespitzt: Die Turiner Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein, nachdem die Stadt und die Regionalregierung Klage wegen Faschismusverherrlichung eingereicht hatten. Polacchi nannte das Verfahren "absurd" und kündigte an, dagegen vorzugehen.

"Altaforte"-Verleger: "Ich bin ein Faschist"

Dass die Anwesenheit von "Altaforte" für Protest sorgen würde, schien vorprogrammiert. Verleger Francesco Polacchi macht aus seinen Positionen keinen Hehl. So sagte er: "Ich bin ein Faschist. Antifaschismus ist das eigentliche Übel dieses Landes" und "Mussolini ist der beste italienische Staatsmann aller Zeiten". Der 33-Jährige ist Mitglied der neo-faschistischen Gruppe "Casa Pound". Ihm wird zudem vorgeworfen, zusammen mit einer Skinhead-Gruppe linke Aktivisten angegriffen zu haben. In der Vergangenheit war er Mitglied verschiedener gewalttätiger rechtsextremer Gruppen. Polacchi gründete seinen Verlag im vergangenen Sommer. Ein kürzlich veröffentlichtes Buch enthält Interviews mit Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini.

Zu den Buchmesse-TeilnehmerInnen, die angekündigt hatten, der Schau fernzubleiben, gehörte auch das Museum des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz. Man könne Überlebende nicht darum bitten, sich einen Ort mit Holocaust-LeugnerInnen zu teilen, so die Begründung der Gedenkstätte in einem Tweet.

Der Direktor des Museums warnte in einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Stampa" davor, dass Extremisten in ganz Europa immer mehr Aufmerksamkeit bekämen. "Wir müssen vorsichtig sein, denn es könnten große Stürme kommen", so Piotr Cywinski. Zahlreiche Autorinnen und Historiker kündigten an, die Buchmesse ebenfalls zu boykottieren. 

Die Veranstaltung mit der Holocaust-Überlebenden Halina Birenbaum könne nach Ausschluss von "Altaforte" nun stattfinden, so Stadt und Regionalregierung.

Die Klage gegen Verleger Polacchi hat auch eine ganz konkrete politische Dimension, denn die Stadt Turin wird von der 5-Sterne-Bewegung regiert, die mit der rechten Lega in Rom regiert. Zwischen den Koalitionspartnern kriselt es jedoch gewaltig. Es wird spekuliert, dass vor allem die Lega, die in den Umfragen im Gegensatz zu den 5 Sternen gut dasteht, das Bündnis nach den Europawahlen auflösen will. Es liegt also im Interesse der 5-Sterne-Bewegung, sich gegen den Rechtsaußen-Koalitionspartner zu positionieren.

Frankfurter Buchmesse: Demokratien halten polarisierende Meinungen aus

Turin beschloss, den streitbaren Verleger auszuschließen, die Frankfurter Buchmesse entschied sich auch nach dem Skandal 2017 dagegen, ultra-rechte Verlage nicht auszustellen. Die Veranstaltung stehe seit ihrer Wiedereröffnung nach dem Zweiten Weltkrieg für Meinungs- und Publikationsfreiheit, so Direktor Juergen Boos in einer Stellungnahme gegenüber euronews. "Polarisierende Autoren und Meinungen auszuhalten und sich argumentativ damit auseinanderzusetzen, sind Errungenschaften einer demokratischen Gesellschaft", so Boos weiter.

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