Jobverluste bei der Deutschen Bank: "Meine Zugangskarte funktioniert – noch“

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Von Sigrid Ulrich mit Reuters
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Die Deutsche Bank hat begonnen, weltweit 18.000 Stellen abzubauen. In Asien begann die Kündigungswelle am Tag nach den Aufsichtsratsbeschlüssen, in Hongkong und Singapur wurden ganze Teams vor die Tür gesetzt

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Banker verlassen ihr Büro mit vollen Kartons unterm Arm: Bilder von der Insolvenz von Lehman Brothers vor knapp zehn Jahren (15. September 2008) wiederholen sich - die Deutsche Bank hat angefangen, weltweit 18.000 Stellen abzubauen. In Asien begann die Kündigungswelle am Tag nach den Aufsichtsratsbeschlüssen, in Hongkong und Singapur wurden ganze Teams vor die Tür gesetzt. Die radikale Schrumpfkur der Bank trifft vor allem New York und das US-Geschäft, das viele Skandale produziert hat. Der Traum, sich mit den Größten an der Wall Street zu messen, ist geplatzt.

Aus dem weltweiten Aktienhandel will sich die Deutsche Bank komplett zurückziehen. Und auch der Anleihehandel, lange Zeit das Aushängeschild der Deutschen Bank, muss abspecken.

ZURÜCK ZU DEN WURZELN

Ziel ist, die Bank, die 1870 gegründet wurde, um deutsche Unternehmen ins Ausland zu begleiten, wieder zurück zu ihren Wurzeln führen. Das deutsche Geschäft mit Firmenkunden und die Transaktionsbank, die für viele nationale und internationale Unternehmen Dienstleistungen wie etwa den Zahlungsverkehr anbietet, sollen zu einer Unternehmensbank gebündelt werden, auch für viele kleine und mittlere Unternehmen.

Was von der Investmentbank übrig bleibt, soll sich ebenfalls vor allem auf Dienstleistungen für Unternehmen konzentrieren. Um die Privatkunden kümmern sich die Privatkundenbank und die DWS (gegründet als Deutsche Gesellschaft für Wertpapiersparen) als Vermögensverwalter.

Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank:

"Um diese vier Bereiche zu fördern, müssen wir uns von einigen Dingen trennen, die nicht führend waren, wo wir auch nicht profitabel genug waren. Wir haben diese Entscheidungen heute getroffen, und dies gilt insbesondere für den Aktienhandel weltweit. "

Selbst die Arbeitnehmervertreter stellten sich hinter den Umbau bei der Deutschen Bank.

Frank Schulze, Konzernbetriebsratsvorsitzender:

"Man muss immer sehen, dass die Deutsche Bank und damit auch die Arbeitsplätze für die Zukunft sicher sein müssen. Und wenn ich heute einen Schritt mache, der wehtut, der sozial verträglich zwar wehtut, aber unterm Strich die Zukunft begleiten kann, dann ist das ein sehr wichtiger Punkt, den wir von unserer Seite auch begleiten sollten."

In Deutschland könnten 6.000 bis 10.000 Stellen wegfallen. In seiner Schätzung ist aber der schon vereinbarte Abbau von 2.000 Stellen im Zusammenhang mit der Integration der Postbank enthalten, so dass sich der neue Einschnitt auf 4.000 bis 8.000 Stellen belaufen könnte.

Sewing erwartet wegen der hohen Sanierungskosten für die Deutsche Bank einen Verlust im laufenden Geschäftsjahr. Die Führung des Geldhauses hofft zwar auf ein ausgeglichenes Ergebnis im kommenden Jahr - ein Gewinn im Jahr 2020 sei aber weiterhin unsicher. Sewing sagte, dass er bis dahin die Deutsche Bank "nicht weniger als neu erfinden" wolle, nach vier von fünf Jahren in den roten Zahlen.

Die Aktie der Deutschen Bank, die am Morgen noch 4 Prozent im Plus notiert hatte, rutschte nach den Aussagen des Vorstands über die Aussichten für 2020 zurück ins Minus und fiel zuletzt mit einem Minus von 5 Prozent wieder unter der Marke von 7 Euro.

Klaus Nieding, Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz:

"Mit diesem ewigen Zögern ist es vorbei, aber jetzt werden harte Schritte unternommen, um der Bank eine ganz neue Richtung zu geben. Das haben wir in den letzten fünf oder sechs Jahren tatsächlich verpasst."

Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern ist groß. Die Verträge der Investmentbanker sind so gestaltet, dass sie zwar gut verdienen, dafür aber auch von einem auf den anderen Tag bei vereinbarter Abfindung mit ihrer Kündigung rechnen müssen. "Meine Zugangskarte funktioniert noch. Aber wer weiß, was morgen passiert", sagte ein Banker in Singapur („manager magazin“). Die Stimmung sei ziemlich düster. "Einer nach dem anderen wird in einen Konferenzraum gebeten, bekommt nach Gesprächen mit Personalern einen Umschlag gereicht und muss dann das Gebäude verlassen", sagte demnach ein Aktienhändler, der seit sechs Jahren für das Geldhaus arbeitet.

Sigrid Ulrich

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