Deutsche Bank: Börse bejubelt mögliche Jobvernichtung

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Von Sigrid Ulrich mit dpa, Reuters
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Bis zu 20 000 Jobs stehen Medienberichten zufolge bei der Deutschen Bank auf der Kippe – das wäre mehr als jede fünfte der zuletzt knapp 91.500 Vollzeitstellen bei Deutschlands größtem Geldhaus. Treffen dürfte es vor allem das zuletzt verlustreiche Investmentbanking

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Bis zu 20.000 Jobs stehen Medienberichten zufolge bei der Deutschen Bank auf der Kippe – so viele Einwohner haben Städte wie Traunstein (Bayern) oder Luckenwalde (Brandenburg). 20.000 – das wäre mehr als jede fünfte der zuletzt knapp 91.500 Vollzeitstellen bei Deutschlands größtem Geldhaus. Vorstandschef Christian Sewing hatte «harte Einschnitte» angekündigt, schon in dieser Woche könnte es zu einer entsprechenden Ankündigung kommen, hieß es in Berichten des «Wall Street Journal» und der Nachrichtenagentur Bloomberg. Für den 7. Juli ist eine Sitzung des Aufsichtsrats einberufen.

Treffen dürfte es demnach vor allem das zuletzt verlustreiche Investmentbanking mit insgesamt 38.300 Vollzeitstellen (Ende März 2019) - besonders das US-Geschäft und den Handel mit Aktien und Zinsderivaten.

Laut Bloomberg steht auch der Vorstand vor einem größeren Umbau. Investmentbanking-Chef Garth Ritchie, Chief Regulatory Officer Sylvie Matherat und Chief Financial Officer James von Moltke würden möglicherweise ausscheiden, so die Nachrichtenagentur unter Berufung auf vertraute Personen. Konzernchef Christian Sewing werde wahrscheinlich die formelle Aufsicht über die Investmentbank auf Vorstandsebene übernehmen.

Christian Sewing Anfang Februar:

“Wir haben eine neue Form von Kostendisziplin geschafffen, eine Disziplin, die es so zuvor in dieser Bank noch nicht gegeben hat. Und, meine Damen und Herren, wir wollen es auch in Zukunft genau so halten. Wir werden weiterhin alles tun, um unsere Kostenziele zu erreichen.“

BÜRDE INVESTMENTBANK

Das Investmentbanking (etwa Vermögensverwaltung, Handel mit Wertpapieren, Börsengänge), das vor der Finanzkrise mit Milliardengewinnen geglänzt hatte, hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zur Bürde für die Bank entwickelt. Prozesse und Strafzahlungen in Milliardenhöhe haben ihre Wurzeln in dem Geschäftsbereich.

Nach Sewings Vorstellung soll die Investmentbank künftig nur noch solche Geschäfte machen, die mindestens entweder ausreichend profitabel oder als Dienstleistung für andere Geschäftsbereiche wichtig sind.

Marktkapitalisierung Deutsche Bank (in Milliarden Euro) © Statista

Seit Beginn der Finanzkrise vor einem Jahrzehnt hatte die einst gefürchet mächtige Deutsche Bank einen beispiellosen Niedergang hingelegt: Der Wert des Geldhauses an der Börse (Marktkapitalisierung) verfiel von 53,2 Milliarden Euro (2006) auf gut ein Viertel (14,4 Milliarden Euro, 2018). Wer sich im Mai 2007 zum historischen Höchstpreis eine Aktie gekauft hat, musste bis heute mehr als 90 (94) Prozent abschreiben.

Und der Belegschaft schwante seit Jahren nichts Gutes: Ein Untersuchungsausschuss des US-Senats zur Finanzkrise beurteilte in seinem im April 2011 veröffentlichten Abschlussbericht die Deutsche Bank neben den Ratingagenturen und Goldman Sachs als führend verantwortlich für die Krise. Für die Manipulation der Referenzzinssätze LIBOR und EURIBOR zahlte die Bank 725 Millionen Euro, verhängt von der EU-Kommission, für russische Geldwäscheaktivitäten 630 Millionen US-Dollar Strafe, verhängt von der britischen Finanzmarktaufsicht FCA und amerikanische Finanzaufsicht DFS.

Allein die Erwartung, dass der tiefgreifende Konzernumbau unmittelbar bevorstehen könnte, gab dem Dax-Konzern an der Börse Rückenwind. Die zuletzt gebeutelte Aktie sprang zeitweise über die Sieben-Euro-Marke und zählte zu den Gewinnern im Leitindex Dax.

Sigrid Ulrich

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