"Wir sind türkische Erpressung gewohnt" - das Asyldrama in Zypern

"Wir sind türkische Erpressung gewohnt" - das Asyldrama in Zypern
Von Efi Koutsokosta
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"Wir sind türkische Erpressung gewohnt." Wegen seiner Teilung und der besonderen Grenzsituation ist Zypern praktisch unbemerkt zum offenen Tor für Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten geworden

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Zypern. Seit der türkischen Invasion 1974 ein geteiltes Land.

Hier spielt sich seit 2016 ein bislang wenig beachtetes Flüchtlingsdrama ab.

Derzeit befinden sich 15.000 Asylbewerber in Zypern, jeden Monat kommen tausend neue Anträge hinzu.

Der Weg der Flüchtlinge, zumeist aus Syrien, dem Irak und Afrika, geht über die Türkei und in den türkisch-besetzten Nordteil Zyperns.

Von da aus ist es kein Problem, die Demarkationslinie zu überqueren und in den freien Teil Zyperns zu gelangen.

Zyperns Innenminister Konstantinos Petridis ist sich über die besondere Nachbarschaft zur Türkei bewusst.

Die Türkei habe ein Abkommen mit der EU, wonach Ankara syrischen Flüchtlingen Asyl gewähren muss, so meint er.

Doch da die Türkei Zypern nicht anerkenne, wende Ankara auch das EU-Abkommen nicht auf Zypern an.

Auf die Frage, ob dies einer politischen Erpressung Ankaras gleichkomme, sagt Petridis: Man sei politische Erpressung der Türkei gewohnt.

In Zypern gibt es nur ein Flüchtlingszentrum, und zwar Kofinou, das gerade mal 250 Asylbewerber aufnehmen kann.

Wir treffen Rasid aus dem Irak, der vor anderthalb Jahren mit seiner Familie hier eintraf.

Das Aufnahmezentrum sei voll, sagt er. Die übrigen Tausenden Flüchtlingen bekämen jeden Monat Geld für eine Unterbringung.

Rasid floh in die Türkei, zahlte einem Schmuggler 5.000 Euro, um ihn und seine Familie nach Nordzypern zu bringen und überquerte schließlich die grüne Grenze zum Süden.

Wie viele Flüchtlinge sucht er eine Job.

Doch das sei alles andere als einfach, meint ein Flüchtling aus Kamerun.

Es gebe Menschen hier, die drei, vier oder fünf Jahre in Zypern lebten, ehe sie von der Behörden aufgegriffen würden.

Das sei ein gefährlicher Zustand. Denn ohne Geld und Arbeit komme so mancher auf dumme Gedanken.

Zudem sei der Unterhalt bürokratisch sehr schwer ausgezahlt zu bekommen. Auch das mache die Lage nicht leichter.

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Euronews suchte eine verlassene Mietskaserne auf, in der Menschen aus Kamerun Unterschlupf gefunden haben.

Kein Strom, kein Wasser, keine Heizung im Winter.

Der Innenminister sagt, die EU tue nicht genug, und Zypern zahle die Zeche anderer Staaten.

Der Strom von Flüchtlingen sei im westlichen Mittelmeer zurückgegangen, aber nicht im östlichen Mittelmeer.

Dazu habe auch die harte Politik von Ländern wie Italien beigetragen.

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Die Folge sei, dass Zypern es jetzt mit vielen Flüchtlingen aus Afrika zu tun habe, aus Kamerun, Nigeria und dem Sudan, die früher nie nach Zypern gekommen waren.

Journalist • Stefan Grobe

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