"Cryptoleaks": Wie BND und CIA Freund und Feind ausspionierten

Deutsche und US-amerikanische Geheimdienstler haben in den 1980er Jahren einen Krieg mit entschieden (Falklandkrieg 1982) und wußten Bescheid über schwerste Menschenrechtsverletzungen (Argentinien 1973) - Bundesnachrichtendienst (BND) und CIA belauschten mehr als 20 Jahre lang (von 1970 bis 1993) gemeinsam die verschlüsselte Kommunikation von rund 130 Staaten und zwar über den für 25 Millionen Schweizer Franken (knapp 24 Millionen Euro) heimlich übernommenen weltweit führenden Schweizer Chiffriermaschinenhersteller Crypto AG – dessen Algorithmen wurden für sie manipuliert. Die Besitzverhältnisse wurden nach Medienberichten ("Washington Post", "ZDF" Schweizer Sender "SRF") von einem Treuhänder in Liechtenstein getarnt, der vom Münchner Siemens-Konzern tatkräftig unterstützt wurde.
Demnach lieferte die Firma Verschlüsselungstechnik für angeblich abhörsichere Kommunikation an fast alle Staaten des Nahen Ostens wie Saudi-Arabien oder Iran, viele südamerikanische, afrikanische und asiatische Staaten, auch zwölf europäische Staaten wie Italien, Österreich, Portugal, Spanien, Jugoslawien oder Irland zählten zu den Kunden, sogar der Vatikan.
Richard Aldrich, Politologe, Warwick University, Coventry, Großbritannien:
"Mehr als hundert Länder weltweit zahlten Milliarden Dollar, um ihre eigenen Geheimnisse stehlen zu lassen. Das war eigentlich ganz schön frech."
Crypto verfügte den Berichten zufolge über zwei Arten von Verschlüsselungsprodukten: vollständig gesicherte und nicht gesicherte, also modifizierte, die ermöglichten, dass die Geheimdienste der CIA und des deutschen BND Codes knacken.
Die Schweiz war demnach eines der wenigen Länder, denen die sichere Version zur Verfügung gestellt wurde, und gehörte zu den vier Ländern - mit Israel, Schweden und Großbritannien - die von der Operation wussten oder von den geheimen Informationen, die sie lieferte.
Bei der CIA hieß die Operation „Minerva“, beim BND „Rubikon“. Der frühere Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer (CDU, 1991 bis 1998) hat die Geheimdienstoperation bestätigt („ZDF“) und verteidigt sie bis heute:
“Die Aktion Rubikon hat sicher dazu beigetragen, dass die Welt ein Stück sicherer geblieben ist.“
Der BND nach den Recherchen die Zusammenarbeit mit der CIA 1993 beendet – die machte demnach bis 2018 weiter.
Der Schweizer Bundesrat hat eine Untersuchung veranlasst. Niklaus Oberholzer, bis Ende 2019 Bundesrichter, soll die Faktenlage bis Ende des laufenden Jahres klären und Bericht erstatten.
Pikantes Detail: CIA und BND verdienten offenbar Millionen an der Firma („ZDF“): «Die jährliche Gewinnausschüttung (...) wurde dem BND-Haushalt zugeschlagen, (...) Haushaltsausschuss und Rechnungshof hatten darüber keine Kontrolle.»
Die Crypto AG wurde laut Medien („Schweizer Tagesanzeiger“) 2018 aufgelöst und in zwei Firmen aufgespalten („ZDF“). Ans Licht gekommen sei der Spionageskandal, nachdem dem Kölner Journalisten Peter F. Müller im vergangenen Jahr die sogenannten "Cryptoleaks" zugespielt wurden.
su mit dpa