In Spanien müssen die Menschen damit fertigwerden, dass viele Menschen sterben. Doch auch wenn sie weit weg sind - sie sind trotzdem füreinander da.
Europa ist der am schlimmsten vom Coronavirus betroffene Kontinent. Mehr als die Hälfte der an Covid-19 gestorbenen Menschen kommen aus Italien - und aus Spanien.
In der Hauptstadt Madrid sind die Leichenhallen in den Krankenhäusern am Limit. Nur geschultes und gut ausgerüstetes Personal darf mit den infizierten Toten umgehen. Doch auch die Fahrer der roten Leichenwagen müssen eine Menge durchstehen.
"Es hat uns ausgelöscht"
Encarni Calvache geht nur nach draußen, um ihrer Schwester, die mit dem Virus infiziert ist, das Mittagessen zu bringen. Sechs Familienmitglieder sind von der Krankheit betroffen. Ihr Vater ist daran verstorben. Encarni versucht es in Worte auszudrücken:
"Es ist, wie auf das Meer zu starren und ganz weit weg eine Welle zu sehen. Plötzlich ist das, was noch eben in der Ferne war, über einem. Es hat uns ausgelöscht."
Um eine Infektion auszuschließen, dürfen die Angehörigen die Sterbenden nicht begleiten. Für Encarni war das eine schlimme Erfahrung:
"Es gab nicht die Möglichkeit, sich auch physisch von meinem Vater zu verabschieden. Ich durfte auch nicht meine Mutter umarmen, die in einem anderen Krankenhauszimmer lag. Das war sehr schwer."
Encarni hat einen Abschiedsbrief an ihren Vater geschrieben, der von den Krankenschwestern vorgelesen wurde:
"Sie tun alles, um sich um unsere Verwandten zu kümmern und um bei ihnen zu sein, was wir in der Ausgangssperre nicht dürfen. Das ist so wichtig, es hat uns viel Seelenfrieden gegeben."
Seelsorger leisten Hilfe
Psychologen, oder Krankenseelsorger, wie José Carlos Bermejo, betreuen nun jene, die in Zeiten von sozialer Distanzierung, die nicht um ihre Toten trauern können:
"Was uns am meisten begegnet, ist eine Machtlosigkeit. Diese Trostlosigkeit. Den Menschen wird das genommen, was sie damals versprochen hatten: Nämlich an der Seite ihres geliebten Menschen zu stehen, in schwierigen Zeiten, aber vor allem in den letzten Stunden."
José hat eine Zeremonie entworfen - digital. Sie soll ein Ersatz für die traditionelle Beerdigung sein:
"Wie drückt man es aus, zu sagen, an jemandes Seite zu sein? In dem man sagt, wie sehr man sie oder ihn liebt, auch wenn man gerade nicht da sein kann, weil man im Krankenhaus ist. Es freut uns, wenn so viele an dieser Form der Technologie teilhaben."
Die Covid19-Pandemie erlaubt es uns nicht, in den schwierigsten Zeiten zu trauern. Totenwachen und Beerdigungen sind verboten. In Madrid wurde eine Eisbahn vorübergehend zu einer Leichenhalle umfunktioniert.
In Spanien müssen die Menschen zurzeit mit der grausamen Realität fertigwerden: Menschen sterben. Doch auch wenn sie allein und weit weg sind - sie sind trotzdem füreinander da, vielleicht näher als je zuvor.