Biologische Vielfalt: Überlebenswichtig für die Menschheit

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Von Denis LoctierSabine Sans
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Verschiedene EU-Projekte bekämpfen die Ursachen des Rückgangs der biologischen Vielfalt, die von der Verschmutzung und der Überbeanspruchung der Meeresressourcen bis zur globalen Erwärmung reichen.

Unser Planet steht derzeit vor großen Herausforderungen - nicht nur der Klimawandel ist ein Thema, sondern auch die Vielfalt der Natur. Eine Million Land- und Meeresarten sind vom Aussterben bedroht, viele davon innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Was tötet unsere Unterwasser-Ökosysteme - und was tut Europa, um die biologische Meeresvielfalt zu erhalten bzw. wiederherzustellen? Thema dieser Ocean-Folge.

Die biologische Vielfalt der Ozeane nimmt gefährlich ab. Der UNESCO zufolge sind mehr als die Hälfte der Meeresarten weltweit bis zum Ende dieses Jahrhunderts vom Aussterben bedroht, wenn wir nicht gegensteuern. Auf Kreta beobachten Meeresbiologen dramatische Veränderungen, die sich wahrscheinlich über das Mittelmeer ausbreiten werden:

"Die Artenvielfalt - insbesondere in flachen Ökosystemen - verändert sich schnell. Es gibt weniger Arten als früher, und wir beobachten auch Neuankömmlinge - es kommen neue Arten hinzu, Jahr für Jahr etablieren sich neue Arten", erklärt Thanos Dailianis, Meeresbiologe am Institut für Meeresbiologie, Biotechnologie und Aquakultur (IMBBC) des Griechischen Zentrums für Meeresforschung (HCMR).

Bei einem Tauchgang sieht der euronews-Reporter den immer karger werdenden Meeresboden. Eine geschützte Muschelart - die edle Steckmuschel- ist in den vergangenen zwei Jahren aufgrund einer sich schnell ausbreitenden Krankheit in Verbindung mit Wilderei verschwunden. Die Hälfte der Algen-Prärien, ein Lebensraum für andere Arten, ist verschwunden. Die Ursachen dafür sind unklar. Die Biologen verfolgen diese Veränderungen.

Der Meeresbiologe sagt: "Für unsere Arbeit ist es das Wichtigste, ins Wasser zu gehen und zu beobachten, wie viele Arten es dort gibt. Wenn wir also, sagen wir mal, in zehn Jahren ein anderes Bild sehen, wissen wir, wie es vorher war. Das ist wichtig, um zu verstehen, was passiert."

EU-Projekte zum Schutz und der Wiederherstellung europäischer Meeres-Ökosysteme

Die Forscher sammeln Daten für mehrere EU-finanzierte Projekte, die den Schutz und die Wiederherstellung der europäischen Meeres-Ökosysteme zum Ziel haben. Die Unterwasserhöhlen auf Kreta sind reich an Schwämmen und Korallen. Fest mit dem Felsen verbunden können diese Tiere dem Stress nicht entkommen. Um ihre Gesundheit zu beobachten, schreiben die Wissenschaftler eine "Krankenakte" der Meeresgemeinschaften

Die unter Wasser aufgenommenen Bilder werden am Institut für Meeresbiologie, Biotechnologie und Aquakultur analysiert: Die Forscher verwenden eine spezielle Software, um die Arten zu bestimmen und zu klassifizieren:

"Wir fotografieren auf eine Art und Weise, dass wir später messen können, wie viel Oberfläche die Organismen bedecken.Unser Ziel ist, die Höhlen in Zukunft wieder zu vermessen und herauszufinden, ob es Veränderungen in den benthischen Gemeinschaften gibt", sagt Vasilis Gerovasileiou, Ökologe für benthische Organismen."Wir haben hier einige Erkenntnisse, die in anderen Teilen der Welt völlig fehlen. Deshalb können wir das Mittelmeer mit all diesen Veränderungen aufgrund menschlicher Aktivitäten, aufgrund des Tourismus, aufgrund der zunehmenden Zahl nicht einheimischer Arten als gutes Beispiel nutzen, um zu verstehen, was in anderen Teilen der Welt geschieht."

Einige dieser Proben werden für eine genetische Analyse gesammelt, die zeigt, ob die Art gedeiht oder gestresst ist. Außerdem kann man Organismen finden, die zu klein für das menschliche Auge sind.

Simulation des langfristigen Klimawandels

Diese europäischen Studien tragen dazu bei, die Ursachen des Rückgangs der biologischen Vielfalt besser zu verstehen, die von der Verschmutzung und der Überbeanspruchung der Meeresressourcen bis zur globalen Erwärmung reichen. Eines der Experimente in den Forschungsbecken des Aquariums auf Kreta ("CretAquarium") simuliert den langfristigen Klimawandel und zeigt, wie sich wärmeres und saures Wasser auf Meeresschnecken auswirkt:

"Unser Experiment hat mit Wachstum zu tun: Wir untersuchen das Fressverhalten des Tieres, sein Fortpflanzungsverhalten, wir beobachten auch die Interaktion zwischen Beute und Raubtier. Wir untersuchen wie all das durch die unterschiedlichen Meerwasserbedingungen beeinflusst wird", erklärt Panos Grigoriou, Meeresbiologe, CretAquarium.

Meeresbiologin Eva Chatzinikolaou, HCMR-IMBBC, sagt: "Der Klimawandel ist ein sehr wichtiger Faktor, der sich auf die biologische Vielfalt auswirkt. Denn wenn eine Art betroffen ist, verändert sich das gesamte Gleichgewicht. Unser Experiment bezieht sich auf ein einziges Tier, es ist eine Wissensgrundlage für alle Meerestiere."

Das versauerte Wasser macht die Muschelschalen dünner und zerbrechlicher - schlechte Nachrichten für Meeresschnecken, die durch die Klimaveränderungen eine leichtere Beute für Raubtiere werden.Die Forscher verwenden Mikro-Computertomographie, um diese Effekte zu visualisieren und genau zu messen:

"Dieses Exemplar lebt in Wasser mit niedrigem pH-Wert", erklärt Niki Keklikoglou, Meeresbiologin, HCMR-IMBBC. "Man sieht transparente Bereiche, d.h. dort ist die Struktur weniger dicht. Der Klimawandel nimmt rapide zu, sodass die Tiere vielleicht nicht die Zeit haben, sich an diese neuen Bedingungen anzupassen. Die Folge könnte sein, dass viele Tiere sterben."

Häfen sind ein Einfalltor für fremde Arten

Auch Häfen haben Auswirkungen auf die biologische Meeresvielfalt: "Häfen wirken wie ein Einfalltor für neue Arten. Neue Arten heften sich an den Bootsrumpf. Die Boote verbreiten diese Arten an andere Orten. Und dort konkurrieren die neuen mit den einheimischen Arten. Und das ist ein Problem", sagt Giorgos Chatzigeorgiou, Ökologe für benthische Organismen, HCMR-IMBBC.

Ohne die Eindämmung durch lokale Raubtiere können Populationen sogenannter fremder Arten zahlenmäßig explodieren und die einheimische Fauna verdrängen. Um dieses und andere Probleme zu überwachen, verwenden die Forscher Stapel spezieller Platten, die an 20 Orten in ganz Europa eingesetzt werden. Nachdem die Stapel mehrere Monate lang von kleinen Meeresarten besiedelt wurden, analysieren die Forscher sie mithilfe der genetischen Sequenzierung und anderen modernen Methoden. Die auf Kreta gesammelten Proben helfen auch anderen europäischen Forschern - wie diesem Gastbiologen, der einen bestimmten Wurm untersucht, der in einigen Teilen Portugals bedroht ist.

Die auf Kreta gesammelten Proben können auch anderen europäischen Forschern helfen - wie einem Gastbiologen, der einen bestimmten Wurm untersucht, der in einigen Teilen Portugals bedroht ist:

"Einige Lebensräume dieser Art verschwinden, sodass diese Art bedroht ist. Es ist wichtig, die Art zu überwachen, denn sie bietet Nahrung für Fische und andere Tiere. Im schlimmsten Fall könnte das Ökosystem zusammenbrechen", sagt Pedro Vieira, Meeresbiologe, Universität Minho.

Lichtverschmutzung schadet kleinen Meerestieren

Auch die Lichtverschmutzung an den Küsten kann kleinen Meerestieren schaden. Um dieses Problem zu untersuchen, setzen die Forscher spezielle Fallen ein, die die am stärksten von den zunehmend allgegenwärtigen elektrischen Lampen betroffenen Arten anziehen:

"Das Fressverhalten der Tiere könnte sich ändern, die Beziehungen zwischen den Arten, die Interaktionen, - weil wir das normale Tages- oder Nachtverhalten beeinflussen", sagt Niki Keklikoglou. "Unsere Aufgabe, ist das Meer zu schützen, wir müssen es schützen, denn damit schützen wir uns selbst. Das ist meiner Meinung sehr wichtig für jeden Biologen und für jeden Menschen."

Journalist • Denis Loctier

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