Coronavirus in Deutschland: Wie erklärt das RKI den steigenden R-Wert?

Social Distancing in einer öffentlichen Toilette
Social Distancing in einer öffentlichen Toilette Copyright MOHD RASFAN/AFP
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Von Alexandra Leistner
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Der R-Wert ist zuletzt über 1 gestiegen - eine Gefahr für Deutschland? Das RKI informiert zu den neuen Zahlen aus Deutschland und erläutert mögliche Gründe.

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Auf der regelmäßigen Pressekonferenz informiert das RKI zu Infektionszahlen und anderen Parametern rund um das Coronavirus in Deutschland. Zuletzt war die geschätzte Reproduktionszahl gestiegen. Grund de Briefings und Thema Nummer 1 auch bei den Fragen der Journalisten, die sich an die Stellungnahme von Professor Schaade vom RKI anschlossen.

Zur generellen Lage in Deutschland

170.508 Fälle in Deutschland wurden an das RKI vermittelt, gestern kamen 933 Fälle hinzu, die Zahlen blieben also etwa vergleichbar mit der der letzten Wochen, so Schaade. 7.533 Menschen sind in Deutschland nach offiziellen Meldezahlen an das RKI gemeldet worden. Der Anteil der verstorbenen sei kontinuierlich gestorben und liege derzeit bei 4,4 Prozent.

Steigender R-Wert, was bedeutet das?

Seit Samstag liege er leicht über 1, so Schaade. Tagesaktuelle Schwankungen seien aufgrund der Verzögerung bei der Meldung von Daten möglich. Schwankungen um die Zahl 1 müssten also in der Gesamtlage bewertet werden. 

Die Reproduktionszahl (oder R-Wert) beschreibt, wie viele Menschen eine infizierte Person im Mittel ansteckt. Sie könne aber nicht alleine als Maß für Wirksamkeit und Notwendigkeit von Maßnahmen herangezogen werden. Wichtig seien vor allem auch die absolute Zahl der täglichen Neuinfektionen, die Schwere der Erkrankungen sowie die absolute Zahl durchgeführter Tests.

Dass der R-Wert eine kurze Zeit über 1 lag, sei zunächst einmal nicht zu besorgniserregend und liege innerhalb der statistischen Ungenauigkeit. Sollte der Wert über längere Zeit über 1 liegen und auch auf der ersten Stelle hinter dem Komma, dann müsse man weiter nachforschen. Das könne ein Hinweis auf einen Aufflackern der Infektionswelle kommen.

Fallmeldungen in Deutschland, Nowcasting (geschätze Kurve nach dem Erkrankungsbeginn)

Es gebe etwa 4 bis 10 Tage Verzögerung in der Übermittlung, liegt also einige Tage nach dem Erkrankungsdatum, welches den Verlauf der Krankheit besser darstellt. Zudem kommt, dass Menschen am Wochenende weniger häufig zum Arzt gehen und Behörden Coronavirus-Fälle Samstags und Sonntags selten an das RKI weiter.

Auf der Schätzung des Nowcasting, also der geschätzten Kurve des Erkrankungsbeginns, wird die R-Zahl berechnet. Sie ist nicht tagesaktuell, sondern bildet die Infektionsrate von vor etwa eineinhalb Wochen ab. Aufgrund zu starker Schwankungen können die Experten keine Aussage zur Anzahl der Neuerkrankungen der letzten 3 Tage machen. Die Reproduktionszahl von gestern, 11.05.2020, lag bei 1.07, sie basiert also auf einem Vergleich der geschätzten Anzahl von Neuerkrankungen der 4 Tage zwischen dem 30.04 und 04.05 mit denen vom 04.05 bis 07.05. 

Der heutige R-Wert beziehe sich daher auf Infektionen die Zeitspanne vom 28.04 bis 03.05 stattgefunden haben. Statistische Unsicherheiten könnten hier nicht ausgeschlossen werden.

Gründe für den Anstieg

Es müsse zum Einen bedacht werden, dass die Neuerkrankungen der vergangenen 3 Tage nicht eingeschlossen werden können. Auch für weiter zurückliegende Zahlen gehen geschätzte Zahlen in die Berechnung ein. Sie sind in der Statistik nicht enthalten. Hinzu komme die mögliche Verzögerung bei den Meldungen.

Die Fallzahlen in Deutschland werden langsam kleiner, einzelne Ausbrüche können daher den R-Wert stärker beeinflussen. Auch jüngste Ausbrüche z.B. in Schlachthöfen spielen hier eine Rolle, wenn diese unter Kontrolle sind, kann die Zahl also wieder zurückgehen.

Das RKI will in der Zukunft noch einen "geglätteten, stabilen R-Wert" ausweisen. Dieser habe in der gesamten vergangenen Woche nicht über 1 gelegen.

"Das Virus ist noch da", daher müsse man das Verhalten weiter anpassen und Situationen in denen Infektionskette auftreten können, vermieden werden. Eine Gefahr gehe vor allem - und weiterhin -von Asymptomatikern aus. 

"Helfen Sie mit, das Virus auch weiter in Schach zu halten, bleiben Sie Zuhause, beschränken Sie weiter Ihre Kontakte, halten sie mindestens 1,5 m Abstand zu anderen Menschen, waschen Sie sich regelmäßig die Hände, berücksichtigen sie die Husten-Nies-Kette und tragen Sie in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln zusätzlich eine Stoffmaske, um andere zu schützen", so Schaade.

Eine Rückkehr zur Normalität wie es sie etwa im vergangenen Dezember gab, sei erstmal nicht vorstellbar, so Schaade.

Kontaktpersonen ausmachen

Sollte man Kontaktpersonen der Kategorie 1 auf das Virus testen? Ja, glaubt Prof. Schaade. Negative Tests schließen Infektionen nicht aus, erklärte Prof. Schaade. Der Test bei Kontaktpersonen ersetze daher nicht die Quarantäne.

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