Schulschließungen, Ausgangssperren, fragwürde Maskendeals. Mithilfe einer Enquete-Kommission will der Bundestag die Aufarbeitung der Coronapandemie einleiten.
Mehr als fünf Jahre liegt die Coronapandemie zurück, doch sie steckt noch so manchen in den Knochen. Auswirkungen sind teilweise bis heute spürbar. Der Bundestag will heute beschließen, wie eine Aufarbeitung dieser Zeit gelingen kann.
Diese kam bisher nicht auf Bundesebene zustande. Im großen Stil wurden die Schutzmaßnahmen mit Masken, Tests und Alltagsvorgaben bisher nicht ausgewertet.
Während die Grünen und die Linken zunächst einen Untersuchungsausschuss fordern, plant die Regierung seit dem Koalitionsvertrag eine sogenannte Enquete-Kommission. Der Unterschied: In einer Kommission sitzen neben Abgeordneten auch Experten und Sachverständige verschiedener Themen. Nun scheint die breite Mehrheit dieses Format mittragen zu wollen.
Enquete-Kommission zur Coronapandemie in Deutschland
Wenn akut Entscheidungen getroffen werden, bei denen die Auswirkungen unklar sind, können Fehler passieren. Der Beginn und der Verlauf der Covid-19-Pandemie war so ein Fall. Nun soll die Zeit umfassend und wissenschaftlich fundiert aufgeklärt werden.
Wie hat der Staat und die Gesellschaft gehandelt? Waren die Beschlüsse und Sondermaßnahmen, die Eingriffe ins Grundrecht gerechtfertigt?
Zwei Jahre Zeit soll die geplante Kommission haben, Mitte 2027 wird ein Bericht der Abgeordneten und Experten erwartet. Leitend solle sein, "dass alle Maßnahmen und Entscheidungen immer nur vor dem Hintergrund des Informationsstands zum betreffenden Zeitpunkt bewertet werden können". So steht es im Antrag.
Deutschland war mit Herausforderungen "von historischer und seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gekannter Tragweite“ konfrontiert", so der Antrag weiter. Sowohl Zivilgesellschaft als auch staatliche Institutionen, Unternehmen, Kunst und Kultur waren 2019 bis 2023 davon betroffen.
Wer sitzt in der Enquete-Kommission?
Für die Aufarbeitung auf Bundesebene ist ein Gremium aus 28 Personen geplant: vierzehn Abgeordnete und vierzehn Sachverständige. Im Antrag heißt es, fünf Abgeordnete sollen von der Union kommen, AfD und SPD können jeweils drei benennen, die Grünen und die Linke jeweils einen.
Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen ernannt werden und sowohl Kommunen und Länder als auch Wissenschaftsdisziplinen und Gesellschaftsbereiche repräsentieren.
Bis zum 30. Juni 2027 hat das Gremium dann Zeit, einen Abschlussbericht vorzulegen. Über den Zeitraum kann die Kommission Experten, Interessenvertreter sowie Betroffene anhören und Gutachten einholen. Auch die Erfahrung von Kindern und Jugendlichen soll eine Rolle spielen.
Laut Antrag soll die Kommission sowohl die politischen Entscheidungen als auch die Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben erfassen. Wie gut war Deutschland mit Pandemieplänen und Vorsorge gerüstet? Waren die Ministerpräsidentenkonferenz, Krisenstäbe und Einholung wissenschaftlicher Beratung ausreichend? Wie sieht es mit den Hilfen etwa für Unternehmen oder den Kultursektor aus?
Einschnitt ins Leben: Auswirkungen der Lockdowns
Insbesondere steht im Fokus, ob der Einschnitt ins Leben während der Pandemie gerechtfertigt war. Der "Bildungsmonitor 2024" zeigt, dass Kinder und Jugendliche noch immer Lernrückstände durch die Schulschließungen während der Pandemie haben. Waren Kinder zum Zeitpunkt der Pandemie in der Grundschule, so zeigt diese Gruppe besonders oft Defizite etwa beim Rechnen.
Tatsächlich zeigen auch Untersuchugen wie die COPSY-Studie, dass viele Schüler stark aus der Pandemie gegangen sind und keine weitreichenden Belastungen mehr verspüren. Insgesamt ist eine Pandemie in jungen Jahren allerdings ein einschneidendes Erlebnis.
In der Enquete-Kommission soll es auch darum gehen, wie die Maßnahmen für vulnerable Gruppen, wie etwa Kinder, aber auch Ältere waren. Darüber hinaus geht es auch um die Auswirkungen auf Kultur, Tourismus, Ehrenämter und Vereine.
Auch die Beschaffung von Schutzausrüstung wie Masken und Tests sowie Impfungen soll untersucht werden. Bereits vergangene Woche muss sich der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn durch den Sudhof-Bericht für Maskenkäufe im Wert von rund 6 Milliarden Euro rechtfertigen.