"Polizeigewalt ist ein strukturelles Problem" - M. Amjahid zu Rassismus in Europa

Protest in Berlin
Protest in Berlin Copyright Christoph Soeder/(c) Copyright 2020, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
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Von Kirsten Ripper
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Ein Gespräch mit dem ZEIT-Journalisten und Buchautor Mohamed Amjahid @mamjahid über Rassismus und Polizeigewalt in den USA und in Europa.

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Mohamed Amjahid ist Journalist und Buchautor, er hat viel über Polizeigewalt und Rechtsextremismus veröffentlicht – und der 32-Jährige aus Berlin kennt sich aus mit dem Thema Rassismus in Europa. 2017 erschien sein Buch "Unter Weißen".

Eigentlich wollte Mohamed Amjahid den Juni 2020 in Los Angeles verbringen - mit einem Thomas-Mann-Fellowship. Aber wegen Covid-19 ist er zurück in Berlin. Wir haben mit ihm gesprochen - über Polizeigewalt und Rassismus in den USA und in Europa.

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Solidarität mit George Floyd - Demo in BerlinBernd von Jutrczenka/(c) Copyright 2020, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Es sind die Strukturen, die dahinter stecken, dass ein Polizist einen schwarzen Menschen vor laufenden Kameras umbringen kann.
Mohamed Amjahid
Journalist und Buchautor

Euronews: Was sagen Sie zur Debatte über Rassismus in den USA?

Mohamed Amjahid:Seit Gründung der USA gibt es ein Problem der Unterdrückung. Es sind die Strukturen, die dahinter stecken, dass ein Polizist einen schwarzen Menschen vor laufenden Kameras umbringen kann. Donald Trump ist nur ein Symptom des Problems. 64 Millionen Menschen haben ihn gewählt.

Aber viele in Europa schauen auf solche Ereignisse in den USA mit vielen Kameras und einer Art "good feeling", drei Jahre später gibt es dann einen Hollywood-Film. Und man sagt in Deutschland oder Frankreich: So etwas gibt es hier nicht!

Rassismus ist ein strukturelles Problem der Polizei. Nichtweiße Menschen werden als Gefahr für die Mehrheit angesehen.
Mohamed Amjahid
Journalist und Buchautor

Euronews: Es gibt denselben Rassismus auch in Europa?

Mohamed Amjahid:Schwarze Menschen sind überproprotional von Polizeigewalt betroffen – auch in Deutschland. Ein Beispiel ist der Fall Oury Jalloh in Dessau-Roßlau. Auch andere nichtweiße Menschen sind betroffen, wie der Tod des Syrers Ahmet A. in Kleve zeigt.

In Frankreich können sich die Menschen in den Banlieues nicht wohlfühlen, wenn sie die Sirenen der Polizeiautos hören. Viele Polizisten sehen es als ihre Aufgabe an, das Zentrum von Paris vor den Vororten "zu schützen". Zudem exportieren französischen Polizisten das Problem mit der Polizeiwillkür, denn sie bilden Sicherheitskräfte aus - zum Beispiel in Nordafrika.

Rassismus ist ein strukturelles Problem der Polizei. Nichtweiße Menschen werden als Gefahr für die Mehrheit angesehen.

Die Polizeigewalt ist institutionell angelegt. Das zeigt sich auch in der Pressearbeit einiger Polizeigewerkschaften in Deutschland sehr deutlich. Es fehlt die Selbstreflexion. Dieselben Fehler werden wiederholt. Das Prinzip von "Law and order" hat sich verselbständigt - auch bei der Bundespolizei. PolzistInnen halten sich auch in Deutschland für unantastbar, in Prozessen sagen sie füreinander aus, das System schützt sie, wenn sie im Dienst unverhältnismäßig Gewalt anwenden.

Es gibt keinen Unterschied zwischen Rassismus in den USA und in Europa.
Dr. Shola Mos-Shogbamimu
Britische Anwältin

Die britische Anwältin Dr. Shola Mos-Shogbamimu sagt im Gespräch mit Euronews, dass die Rechte von schwarzen Menschen sowohl in den USA als auch in Großbritannien von den Institutionen mit Füßen getreten werden. Es gebe keinen Unterschied zwischen Rassismus in den USA und in Europa, das haben auch die Hassreden in der Brexit-Debatte gezeigt.

An diesem Mittwoch fanden Proteste in Solidarität mit George Floyd im Hyde Park in London statt.

Euronews: Mohamed Amjahid, Sie waren auch auf der Demonstration für George Floyd und gegen Rassismus in Berlin. Wie war die Stimmung dort?

Mohamed Amjahid:Es war inspirierend. Da waren viele People of Colour und viele Berlinerinnen und Berliner, die ein Zeichen setzen wollten.

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Protest in Berlin am 30.05.2020Christoph Soeder/(c) Copyright 2020, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
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