Jetzt erst recht? Nachdem 3 Monate lang weltweit das Reisen fast zum Stillstand kam, wollen viele jetzt kompensieren - das könnte auf Kosten der Umwelt gehen.
Zwar gibt es in Peking wieder neue Infektionen mit dem Coronavirus, in Rest Chinas läuft das normale Leben aber langsam wieder an. Nach Monaten strenger Abriegelung ist dort ein neues Phänomen beobachtet worden, was einige als "Racheausgaben" bezeichnet haben. Eine Art Überkompensation für die während des Lockdown gemachten Ersparnisse.
Ein Hermès-Flagshipstore in Guangzhou machte am ersten Tag der Wiedereröffnung 2,4 Millionen Euro Umsatz - spendenfreudiger Kunden sei Dank.
Ein Sektor, bei dem die Vorfreude und Ungeduld besonders hoch ist, ist das Reisen. Weltweit ging der Flugverkehr in der Pandemie um etwa 40 Prozent zurück. Ein Ausstoß von rund 344 Tonnen Kohlenstoff wurde eingespart. Experten befürchten jedoch, dass eine Erhöhung der Ausgaben für die Erholung des Tourismus zu "Rachereisen" führen könnte: Menschen könnten versuchen, die verlorene Zeit wieder aufzuholen.
Geschichte wiederholt sich
Als die Zahl der Reisenden nach der Wirtschaftsrezession von 2008 zurückging, sanken auch die Kohlenstoffdioxidemissionen aus dem Flugverkehr um etwa 5 bis 7 Prozent. Als die Verbraucher wieder über das Geld für Reisen verfügten, wurde dieser Rückgang durch einen Anstieg von 6 Prozent im Jahr 2010 im Wesentlichen wieder zunichte gemacht.
Was können wir daraus lernen? Ein ähnlicher Rückschlag kann erst eintreten, wenn der Coronavirus-Ausbruch unter Kontrolle ist. Da viele Menschen ihre Sommerpläne umstellen mussten, könnten sie im Gegenzug weite Reisen auf später vertagen. Eine Umfrage der Marketingfirma Fuel unter nordamerikanischen Reisenden ergab, dass 59 Prozent im Jahr 2020 immer noch reisen wollten und drei Viertel in den nächsten 18 Monaten Urlaub planen.
Nach den neuen Fällen in China wurden nach Angaben der staatlichen Medien 60 Prozent der Flüge gestrichen, was den Reiseverkehr erneut einschränkt. Die Bedrohung ist noch lange nicht vorbei. Das gibt Umweltschützern mehr Zeit, vor einem möglichen Reiseboom Veränderungen von der Luftfahrtindustrie einzufordern.
Die Zukunft des Fliegens - wie kann sie aussehen?
Fluggesellschaften, die mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, könnten von Regierungen gerettet werden. Die Hoffnung ist jetzt, dass das Geld mit "grünen Einschränkungen" kommt.
In Großbritannien sprachen 26 NGOs, darunter Greenpeace, Finanzminister Rishi Sunak gegenüber Befürchtungen an, dass Steuergelder zur Rettung von Fluggesellschaften einen Anstieg der Emissionen verursachen könnten. Unternehmen wie Virgin Atlantic und easyJet haben angeblich Millionen von Euro verlangt, ohne "Versprechungen, ihre Geschäfte zu sanieren oder das Klima zu schützen", so Greenpeace.
Anstatt der Branche zu erlauben, zu einem "destruktiven Business as usual" zurückzukehren, forderten die Organisationen die Regierung in ihrem Offenen Brief auf, Änderungen wie eine Vielflieger-Abgabe durchzusetzen. Menschen, die häufiger reisen, müssten damit höhere Steuern auf Flüge zahlen.
Eine weitere Hoffnung ist der Europäische Grüne Deal. Er könnte Fluggesellschaften verpflichten, Geld von europäischen Regierungen an bestimmte klimabezogene Bedingungen zu knüpfen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, dass diese Unternehmen für ihren wachsenden Beitrag zu den Treibhausgasemissionen zahlen sollten, auch angesichts der Auswirkungen der Coronavirus-Krise.
"Wenn die globale Erholung an Fahrt gewinnt", sagte von der Leyen vor dem Europäischen Parlament, "wird sich die globale Erwärmung nicht verlangsamen".