Nie wieder Gorleben: 90 Gebiete sind mögliche Atommüll-Endlager

2011 trifft der letzte Castor-Transport in Gorleben ein
2011 trifft der letzte Castor-Transport in Gorleben ein Copyright Jens Schlueter
Von euronews
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Deutschland sucht ein Atommüll-Endlager und fast alle Bundesländer müssen damit rechnen, dass es sie trifft.

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Deutschland sucht ein Atommüll-Endlager und fast alle Bundesländer müssen damit rechnen, dass es sie trifft: Das ist das Ergebnis des Zwischenberichts, den die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) an diesem Montag vorlegte. Außer im Saarland wurden 90 sogenannte Teilgebiete in allen Bundesländern identifiziert, also Gebiete, die aufgrund ihrer geologischen Beschaffenheit als Endlager in Frage kommen könnten. Der Salzstock im niedersächsischen Gorleben ist nicht darunter. Der seit Jahrzehnten heftig umstrittene Standort ist auf der Karte der BGE ein weißer Fleck:

BGE
Weiß bedeutet: Nicht als Endlager geeignetBGE

Streit ist vorprogrammiert

Dass es Zoff um den BGE-Bericht geben würde, war schon seit Langem klar: Bayern schließt schon seit Jahren aus, dass sich im Freistaat kein geeignetes Endlager für Atommüll finden lässt und beteuerte das auch zur Vorstellung der Teilgebiete erneut:

Das Regierungsbündnis aus CSU und Freien Wählern in München hatte dies bereits 2018 im Koalitionsvertrag festgehalten und damit viel Kritik auf sich gezogen.  „Keine Regierung kann politisch beschließen, dass ihr Gebiet wissenschaftlich nicht geeignet ist. Sich da aus der Verantwortung zu stehlen, das geht gar nicht“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) im Sommer der "Augsburger Allgemeinen". Es gebe eine gemeinsame Verantwortung in ganz Deutschland für die Entsorgung des strahlenden Abfalls, „der in drei Generationen produziert wurde und nun 30 000 Generationen belasten wird", so Schulze weiter.

"Erst einmal wissenschaftliche Erkundungen abwarten"

Auch Grünen-Chef Robert Habeck kritisierte die bayerische Haltung: „Bayern war ein Hauptprofiteur der Atomenergie", so der Grünen-Chef kürzlich zum "Tagesspiegel". "Sich dann vor einer Lösung zu drücken, ist wirklich schädlich und feige." Man solle erst einmal die wissenschaftlichen Erkundungen abwarten, so der Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer.

"Jetzt geht die ganze Soße wieder von vorne los"

Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger von den Freien Wählern hingegen meint, dass auch die Wissenschaft politisch beeinflusst sei. So gebe es ExpertInnen die sagten, das Granit im bayerischen Wald sei nicht geeignet und andere, die es für geeignet hielten. "Ich glaube auch, dass die Wissenschaft am Ende hier wieder nicht frei von politischer Beeinflussung agieren wird", so Aiwanger an diesem Montag im "Deutschlandfunk". Es sei zu befürchten, dass kein Bundesland bereit sei für ein Atommüllendlager. Mit Gorleben sei man hingegen fast am Ziel gewesen. Aiwanger: "Jetzt geht die ganze Soße wieder von vorne los."

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bericht der BGE listet erst einmal alle Regionen in Deutschland auf, "die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen", so schreibt es das entsprechende Gesetz vor. Deswegen sind es noch ziemlich viele und teils auch recht große Gebiete. Konkreter wird es erst in den kommenden Jahren. Aus den Teilgebieten werden sogenannte Standortregionen ausgewählt, die übertägig genauer erkundet werden. Einige davon werden dann auch untertägig erforscht.

Das Endlager soll unterirdisch in Salz, Ton oder Kristallin, also vor allem Granit, entstehen. 2031 soll der Standort gefunden sein, ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden.

Klar sei bislang nur, wo das Lager nicht gebaut werde, sagt Gerhard Enste, Geologe und Abteilungsleiter der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe (BGR): in Erdbebenzonen, vulkanischen Gegenden oder alten Stollen, in Gebirgen, die sich noch heben, durchlässigem Gestein oder solchem mit jungem Grundwasser. Das schließe große Teile Deutschlands aus, darunter wohl den Rheingraben, das Ruhrgebiet, das Vogtland und die Eifel. 

Die Endlager-Suche war 2017 nach langem Ärger um den Salzstock Gorleben komplett neu gestartet worden.

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