Sie haben Blutgruppe 0: Kein Grund zur Panik bei Corona-Infektion?

Blutproben in einem Krankenhaus in Zell am See, Österreich, 27.03.2009
Blutproben in einem Krankenhaus in Zell am See, Österreich, 27.03.2009 Copyright KERSTIN JOENSSON/AP
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Von Cornelia Trefflich
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Mediziner sehen einen Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und dem Risiko an Covid-19 zu erkranken. Auch der Verlauf der Krankheit hängt möglicherweise von den Blutgruppen ab. Doch diese Erkenntnisse sind mit Vorsicht zu genießen.

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Sie haben die Blutgruppe 0? Glückwunsch! Denn damit sinken offenbar Ihre Chancen, sich mit dem Corona-Virus anzustecken oder sollten Sie schon angesteckt haben, einen schweren Krankheitsverlauf erdulden zu müssen. Das haben verschiedene in dieser Woche veröffentlichte Studien ergeben und bestätigen damit frühere Untersuchungen.

Blutgruppe 0 kommt gut weg

Eine Studie, die in der Fachzeitschrift "Blood Advances" der American Society of Hematology veröffentlicht wurde, fand, dass Covid-19-Patienten mit den Blutgruppen 0 oder B weniger Zeit auf der Intensivstation lagen als Patienten mit den Blutgruppen A oder AB. Sie mussten weniger häufig beatmet werden und waren seltener von Nierenversagen betroffen.

Die Studie basiert auf der Auswertung von Daten von 95 Covid-19-Patienten, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis 28. April 2020 im kanadischen Vancouver auf der Intensivstation lagen. Ihre Beobachtungen haben ergeben, dass Patienten mit Blutgruppe 0 oder B im Durchschnitt 4,5 Tage weniger auf der Intensivstation verbrachten als Patienten mit Blutgruppe A oder AB. Letztere mussten im Durchschnitt 13,5 Tage intensivmedizinisch betreut werden. Einen Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und der Gesamtdauer des Krankenhausaufenthalts konnten die Wissenschaftler nicht festellen.

Von den schwer erkrankten Patienten der Blutgruppen 0 oder B mussten 61 Prozent beatmet werden, im Vergleich dazu waren es 84 Prozent der Patienten mit Blutgruppe A oder AB. Zusätzlich benötigte letztere Gruppen häufiger ein Dialyse, weil die Nieren versagten. "Patienten in diesen beiden Blutgruppen haben möglicherweise ein höheres Risiko für Organfunktionsstörungen oder -versagen aufgrund von COVID-19 als Menschen mit Blutgruppen 0 oder B", so die Autoren.

Ein im Juni veröffentlichte Studie im New England Journal of Medicine dokumentiert einen ähnlichen Trend. Patienten mit Blutgruppe 0 in Italien und Spanien hatten im Vergleich zu Patienten mit anderen Blutgruppen ein deutlich geringeres Risiko für einen schweren Verlauf der Infektion.

Menschen mit Blutgruppe 0 weisen geringere Infektionsanfälligkeit auf

Eine diese Woche veröffentlichte Untersuchung der Medizinischen Universität Graz hatte ergeben, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 möglicherweise ein geringeres Risiko haben, überhaupt am Coronavirus zu erkranken.

Das Team untersuchte 399 Covid-19-Patienten, die in stationärer Behandlung waren. Als Vergleichskontrolle für die "normale" Blutgruppenverteilung wurden Daten von VollblutspenderInnen des Blutspendedienstes des Bundeslandes Steiermark (mit der Hauptstadt Graz) herangezogen.

"Unsere Studienergebnisse zeigen, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 eine statistisch signifikant geringere Wahrscheinlichkeit haben, an Covid-19 zu erkranken, als Menschen mit anderen ABO Phänotypen (Blutgruppe A, B oder AB)", berichten die Forscher des Teams, Eva Maria Matzhold, Molekularbiologin an der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin und Transfusionsmediziner Thomas Wagner von der Medizinischen Universität Graz.

Im Gegensatz dazu ist unter den Infizierten die Blutgruppe AB signifikant häufiger von einer Infektion betroffen - auch wenn man sie ins Verhältnis zur Häufigkeit in der Bevölkerung setzt. Die Forscher konnten allerdings nicht bestätigen, dass der schwere Verlauf der Infektion von den Blutgruppen abhängt, anders als in der o.g. Studie.

Damit bestätigt das Team Erkenntnisse, die zuvor schon bei Patienten in den Dänemark und in China gemacht wurden.

Blutgruppe vererbt

Die Blutgruppe eines Menschen wird von den Eltern vererbt. Sie wird durch das Vorhandensein, bzw. Fehlen bestimmter Proteine, die auch als Antigene bezeichnet werden, auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen bestimmt. Bei Blutgruppe "A" ist nur das Antigen "A" vorhanden, bei der Blutgruppe "B" nur das Antigen "B", manche Menschen besitzen beide Antigene (AB). Menschen mit der Blutgruppe 0 besitzen keine Antigene auf der Oberfläche ihrer roten Blutkörperchen.

Wenn man also Blutgruppe A hat, muss man nicht in Panik verfallen. Und wenn Sie Blutgruppe 0 haben, können Sie nicht einfach in Bars und Pubs gehen.
Dr. Mypinder Sekhon
Intensiv-Mediziner, Vancouver General Hospital

In Deutschland haben rund 43 Prozent der Bevölkerung die Blutgruppe A - sie scheinen den jüngsten Erkenntnissen zufolge ein deutlich höheres Risiko haben, einen schweren Covid-19-Verlauf zu erleiden als Menschen mit der Blutgruppe 0, die am zweit häufigsten verbreitete Blutgruppe in Deutschland (41 Prozent). Zwar sind auch sie nicht vor einer Ansteckung gefeit, aber bei ihnen ist die Gefahr, beatmet zu werden oder an Organversagen zu leiden wesentlich geringer.

Die in Deutschland weniger verbreiteten Blutgruppen B (11 Prozent) und AB (5 Prozent) liegen bei den Untersuchungen im Mittelfeld.

Dr. Mypinder Sekhon, einer der Autoren der Vancouver-Studie und Intensiv-Mediziner am Vancouver General Hospital erklärte gegenüber CNN: "Ich denke nicht, dass diese Erkenntnisse wichtiger sind als Alter und Vorerkrankungen", und weiter: "Wenn man also Blutgruppe A hat, muss man nicht in Panik verfallen. Und wenn Sie Blutgruppe 0 haben, können Sie nicht einfach in Bars und Pubs gehen."

Weitere Quellen • New England Journal of Medicine, Blood Advances, Med Uni Graz

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