Können wir in Zukunft noch ohne digitalen Impfpass reisen?

Die CommonPass-App wird derzeit bereits von fünf Fluglinien verwendet.
Die CommonPass-App wird derzeit bereits von fünf Fluglinien verwendet. Copyright Commons Project
Von David Walsh
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Mit den anlaufenden Impfungen gegen das Coronavirus steigt die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zur Normalität. Wie wichtig werden Impfnachweise?

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In England und den USA haben die Impfungen gegen SARS-CoV-2 bereits begonnen. Für Europa hat die Europäische Arzneimittelbehörde heute bekanntgegeben, dass die Zulassung möglicherweise schon vor Weihnachten erfolgt. In Deutschland will Gesundheitsminister Jens Spahn noch vor Jahresende mit der Immunisierung der ersten Menschen beginnen. Er rechnet damit, dass bis zum Ende des kommenden Sommers eine ausreichende Herdenimmunität erreicht sein könnte. 

Damit sehen die meisten von uns Licht am Ende des langen Corona-Tunnels. Aber wie wird das Leben und vor allem das Reisen in Zukunft aussehen? Wie wichtig wird es künftig sein, nachweisen zu können, dass man gegen das Coronavirus geimpft ist? Pflichtimpfungen soll es in Deutschland nicht geben, aber die Immunisierung ist der Schlüssel für eine Rückkehr zur Normalität und Bewegungsfreiheit.

Immer wieder ist in diesem Zusammenhang von digitalen Impf- oder Gesundheitspässen die Rede. 

Der Standpunkt der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dazu ist nicht eindeutig. "Wir empfehlen weder Immunitätspässe noch Tests als Mittel gegen grenzüberschreitende Übertragung", so Catherine Smallwood, Notfallkoordinatorin bei WHO Europa am 4. Dezember bei einer Pressekonferenz in Kopenhagen. "Wir empfehlen, dass Staaten ihre Reiseempfehlungen anhand der Infektionszahlen innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen ausgeben."

John Minchillo/ Associated Press
Sind Impfnachweise die Lösung um den Reiseverkehr wieder anzukurbeln?John Minchillo/ Associated Press

Trotzdem unterzeichnete die Organisation im Oktober eine Vereinbarung mit Estland zur Entwicklung eines digitalen Impfzertifikats, einer sogenannten "smarten gelben Karte". Dadurch sollen nach Angaben der WHO gemeinsame Standards erreicht werden. "Was den Impfpass für Reisende angeht, ziehen wir besonders technische Lösungen gegen Covid-19 in Betracht. Eine ist die Zusammenarbeit mit Mitgliedsstaaten bei der Schaffung eines elektronischen Impfzertifikats", so Siddharta Sankar Datta, eine Kollegin von Smallwood, auf derselben Pressekonferenz Anfang Dezember.

Auf unsere Anfrage zu einer Erklärung zu diesem scheinbaren Widerspruch hat die WHO bisher nicht geantwortet.

Und was ist mit der Datensicherheit?

Die Idee mit den Impfnachweisen hat BefürworterInnen: Die australische Fluglinie Qantas kündigte Ende November an, dass sie in Zukunft nur noch geimpfte Passagiere an Bord lässt. Damit eine Impfung schnell nachweisbar ist, arbeiten Tech-Firmen bereits an digitalen Gesundheitspässen. Doch wie sicher sind die Daten?

Digitale Gesundheitspässe können bei der langfristigen Handhabung der Corona-Pandemie helfen. Aber es gibt grundlegende Bedenken was Datenschutz und Menschenrechte angeht.
Ana Beduschi
Rechtsexpertin, Universität von Exeter

Beduschi, Co-Autorin einer Studie zu Menschenrechten und digitalen Gesundheitsausweisen nennt ein Beispiel: "Stellen Sie sich vor, die Gesundheitsbehörden würden von jedem und jeder verlangen, regelmäßig seinen oder ihren Gesundheitsstatus offen zu legen, um öffentliche und private Orte wie Restaurants, Kirchen und Verkehrsmittel betreten zu dürfen."

"Diejenigen, die negativ auf Covid-19 getetet oder geimpft wurden dürften sich dann frei bewegen", so Beduschi. "Andere dürften nicht an bestimmte Orte reisen oder hätten keinen Zugang zu bestimmten Plätzen, wie Kirchen, Sporthallen oder anderen Versammlungsorten." Ein Ausweis würde denen, die nicht krank oder geimpft sind also viele Freiheiten ermöglichen. Aber wer sich zum Beispiel Tests oder Impfungen nicht leisten könnten, würde in seiner Freiheit eingeschränkt. 

Hinzu kommt die Frage des Datenschutzes. Die Anbieter von Gesundheitspässen müssten sicherstellen, dass die Daten geschützt seien, so Beduschi.

"CommonPass": Daten teilen ohne zentrale Speicherstelle

Die Schweizer Non-Profit-Organisation "Commons Project" hat eine App entwickelt, die diesen Spagat schaffen soll: Den "CommonPass". Sie soll umsonst und mit allen Telefonanbietern kompatibel sein und dafür sorgen, dass Reisen während der Pandemie leichter wird, indem sie Daten auf sichere Art und Weise teilt, so die EntwicklerInnen. 

"CommonPass ermöglicht die Übertragung persönlicher Gesundheitsinformationen durch anerkannte Labore und Impfstellen auf eine Art und Weise, die die Privatsphäre schützt", so Thomas Crampton vom "Commons Project". Die App kreiere einen QR-Code, den Fluglinien und Grenzbehörden scannen könnten. "Wir behalten diese Daten nicht", versichert Crampton. "Sie liegen entweder bei dem jeweiligen Labor oder der Impfstelle oder auf dem Telefon. Es gibt keine zentrale Datenbasis, die von jemandem gehackt werden kann. Alles was wir tun, ist eine Plattform bereitzustellen, die den BenutzerInnen erlaubt, Informationen zu sammeln, verwalten und teilen."

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