Euronews-Reporterin @valgauriat berichtet aus dem gespaltenen Land #Polen - vom Aufschrei der Frauen beim Thema #Abtreibung.
Anna ist Gynäkologin in einem der größten Krankenhäuser in Warschau, einem der wenigen, in dem Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
In dem katholischen Land sind diese verboten, mit einigen wenigen Ausnahmen: Vergewaltigung, Inzest, Gefahr für das Leben der Mutter oder bis vor wenigen Wochen einer schweren Anomalie des Fötus.
Doch Polens Verfassungsgericht hat das Abtreibungsrecht noch verschärft: die Abtreibung eines fehlgebildeten Embryos ist nun auch verboten.
Die Gynäkologin Anna Parzyńska sagt: "Manche Patientinnen werden mit so schlimmen Anomalien konfrontiert, die ein Überleben ihres Babys nach der Geburt unmöglich machen. Wenn eine Frau in so einem Fall zur Geburt gezwungen wird, halte ich das für völlig unethisch."
Kasya und Slavek wussten bereits mehrere Wochen VOR Ablauf der gesetzlichen Frist für einen Schwangerschaftsabbruch von der schweren Fehlbildung ihres Sohnes. Doch für die frommen Katholiken und Eltern von zwei gesunden Kindern war Abtreibung keine Option. Ihr Sohn Samuel ist 30 Minuten nach seiner Geburt gestorben.
"Ich bin sicher, dass man in einer solchen Situation immer leidet: Ob es das Leiden ist, das mit dem Austragen, der Geburt oder dem Aufziehen eines behinderten Kindes verbunden ist, oder das Leiden an Schuldgefühlen, nachdem man ein krankes Kind abgetrieben hat", sagt Kasia Łukasiuk.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts zum Abtreibungsrecht hat eine nie dagewesene Protestwelle in Polen ausgelöst. Für viele ist die Verschärfung des Abtreibungsrechts nicht nur ein weiterer Angriff auf die Frauenrechte, sondern ein Angriff auf die Grundrechte aller Bürger:innen.
Marta Lempart, eine führende Aktivistin der feministischen Organisation "Allpolnischer Frauenstreik", bleibt kämpferisch: Sie meint: "Es geht um Freiheit, um Menschen- und Grundrechte, um die Unabhängigkeit der Justiz. Wir demonstrieren für freie Medien, für freie Wahlen, für alles. Es geht um die Freiheit. Und es ist wirklich lustig, dass in diesem katholisch-konservativen Land, das Polen ist, die Abtreibung zum Symbol des Freiheitskampfes wurde. Denn genau das ist es. Wir wollen, dass die Regierung geht."
Eine Regierung, die von ihren Gegnern beschuldigt wird, mit den katholischen Ultrakonservativen des Landes zu konspirieren.
Priester Roman Trzcinski sieht eine Verschwörung hinter denen, die Abtreibungen befürworten. "Es gibt eine Zivilisation des Todes, die sich durch atheistische Bewegungen in der Welt ausbreitet. Sie ist gegen das Leben. Es ist eine Zivilisation des Todes", sagt der konservative Priester Roman Trzciński. "Das Evangelium hingegen ist eine Zivilisation des Lebens und der Liebe."
Untragbare Ansichten für manche - wie auch für eine gläubige Christin, die vor einigen Jahren in der Slowakei abgetrieben hat und die lieber anonym bleiben will.
Sie sagt: "Ich habe nichts falsch gemacht. Ich kann nicht glauben, dass ich noch immer jemanden davon überzeugen muss, dass mein Körper tatsächlich mir gehört und nicht dem ganzen Land. ”
Euronews-Reporterin Valérie Gauriat erklärt: "Die Frauenrechtsaktivistinnen sind entschlossen, den Kampf fortzusetzen. Sie wollen diejenigen, die das neue Gesetz durchsetzen, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen."