Volkszählung in Nordirland: Wunsch nach Wiedervereinigung?

Belfast, die Hauptstadt Nordirlands. Vor genau 100 Jahren wurde die irische Insel geteilt. Eine knappe Mehrheit der Bevölkerung Nordirlands ist protestantisch und will weiterhin zu Großbritannien gehören. Die Katholiken hingegen sind für eine Wiedervereinigung.
In diesem Jahr steht ein Zensus an, und ein Blick auf die jüngste Bevölkerungsentwicklung macht deutlich, dass der Prozess der Wiedervereinigungs mehr und mehr an Fahrt aufnimmt, erklärt Forscher Dr. Paul Nolan: "Die Hälfte der Schulkinder ist katholisch, nur ein Drittel protestantisch. Diese können zwar jetzt noch nicht abstimmen - aber bald werden sie zur Wählerschaft gehören. Das bedeutet, dass die Zahl der Katholiken in Nordirland zukünftig größer sein wird, als die Zahl der Protestanten. Mehr werden wir wissen, wenn die Ergebnisse der Volkszählung vorliegen."
Lag der Anteil der Protestanten lange bei rund 60 Prozent, zeigte die Volkszählung im Jahr 2011 nur noch einen Unterschied von drei Prozent.
In der pro-britischen Shankill Road in Belfast erklärt der ehemals verurteilte Terrorist und heutige Stadtrat der Progressive Unionist Party (PUP) Billy Hutchinson, dass eine katholische Mehrheit nicht automatisch ein vereinigtes Irland bedeute: "_Die Katholiken, die hier leben, genießen sämtliche Sozialleistungen und sind Teil des Gesundheitssystems. Das sind die Dinge, die wirklich für sie wichtig sind. _Wenn wir über Trends sprechen, bleibt die Frage: Was bedeuten diese wirklich? Das werden wir dann nach der Volkszählung sehen."
2016 ergab eine Umfrage der Labour-Partei in Nordirland dass mehr Katholiken als Protestanten am Arbeitsplatz sind. Die Unterstützer der Wiedervereinigung sagen, dass die Erhebung und die Auswirkungen des Brexit die Forderung nach einem vereinten Irland auf beiden Seiten bestärken wird.
Die Erwartungen sind hoch, dass bei der kommenden Volkszählung die Zahl der Katholiken zum ersten Mal seit über 300 Jahren die Zahl der Protestanten übersteigen wird. Wenn das der Fall wäre, werden die Befürworter eines vereinigten Irlands ihre Kampagne für die Vereinigung in den kommenden Jahren wahrscheinlich verstärken. Hierzu werden wir wohl in den nächsten zwölf Monaten mehr wissen.