Krawalle in Nordirland - fragiler Frieden durch Brexit in Gefahr?

Krawalle in Nordirland - fragiler Frieden durch Brexit in Gefahr?
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Von Oscar Valero mit dpa
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Der Frieden in Nordirland wird erschüttert, wie es seit Jahren nicht zu beobachten war. Auch in der Nacht zu Freitag gab es in Belfast wieder Gewalt.

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Der Frieden in Nordirland wird erschüttert, wie es seit Jahren nicht zu beobachten war. Auch in der Nacht zu Freitag gab es in Belfast wieder Gewalt.

Jugendliche warfen im Westen der Stadt Steine, Feuerwerkskörper und Molotowcocktails auf Polizisten. Daraufhin habe die Polizei Wasserwerfer gegen die Randalierer eingesetzt .

In der britischen Provinz Nordirland kommt es seit Tagen zu Ausschreitungen, bei denen inzwischen Dutzende Polizisten verletzt wurden. Laut Sicherheitsbehörden stecken dahinter teils militante protestantische Gruppierungen, die auch im Drogenhandel tätig sind.

Vorgeblicher Anlass für die Proteste ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, Politiker der katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein nach Teilnahme an der Beerdigung eines ehemaligen IRA-Kämpfers nicht wegen Verstößen gegen Corona-Regeln zu belangen.

Im vergangenen Sommer haben hunderte Menschen an der Beerdigung - und das mitten im Lockdown - teilgenommen, darunter auch führende Mitglieder von Sinn Fein, die früher als politischer Arm der Terrororganisation IRA galt und die weiter einen Anschluss des Nordens an die Republik Irland im Süden will.

Auch der Sonderstatus Nordirlands, wie er im Brexit-Abkommen festgelegt wurde, stößt in Teilen des protestantischen Lagers auf Widerstand. Die Provinz ist weiter Teil des EU-Handelsraums, um Warenkontrollen an der Grenze zum EU-Mitglied Irland zu verhindern. Stattdessen muss nun zwischen Nordirland und dem übrigen Vereinigten Königreich kontrolliert werden.

Die so genannten Unionisten - meistens Protestanten, die sich zur Union mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland bekennen - befürchten dadurch eine schleichende Loslösung vom Vereinigten Königreich.

Die Sorge vor einem Wiederauflammen des Nordirlandkonflikts wächst weltweit: "Natürlich verurteilen wir die Gewaltakte aufs Schärfste, die sich in den letzten Tagen in Nordirland ereignet haben. Niemand hat dadurch etwas zu gewinnen. Wir fordern alle Beteiligten auf, die Gewalt sofort zu beenden", so der Sprecher der Europäischen Kommission Eric Mamer.

Und Ned Price, Sprecher des US-Außenministeriums: "Wir sind zutiefst besorgt über die Gewalt in Nordirland und schließen uns den Forderungen der britischen, irischen und nordirischen Staatschefs nach Ruhe an. Wir bleiben unerschütterliche Unterstützer eines sicheren und wohlhabenden Nordirlands, in dem alle Gemeinschaften eine Stimme haben und die Errungenschaften des hart erkämpften Friedens genießen."

Der Frieden in Nordirland - besiegelt nach 30 Jahren Bürgerkrieg im Karfeitagsabkommen 1998 - scheint genau wie befürchtet nach dem Brexit fragil. Die zunehmenden Spannungen über die Handelsregeln des Brexit könnten das Gleichgewicht zwischen Katholiken und Protestanten in der britischen Provinz gefährden.

Im Nordirland-Konflikt, der erst 1998 mit dem Karfreitagsabkommen endete, standen sich jahrzehntelang mehrheitlich protestantische Befürworter der Union mit Großbritannien und überwiegend katholische Anhänger einer Vereinigung der beiden Teile Irlands gegenüber. Auch die Polizei und das britische Militär wurden in den Konflikt hineingezogen. Mehr als 3600 Menschen starben, fast 50 000 wurden verletzt. Noch immer ist die Gesellschaft tief gespalten.

Journalist • Julika Herzog

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