So bestraft Macron Impfskeptiker: Wo nur noch Geimpfte hindürfen

Präsident Macron an diesem Dienstag im französischen Verteidigungsrat
Präsident Macron an diesem Dienstag im französischen Verteidigungsrat Copyright Christian Hartmann/AP
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Von Euronews mit AFP
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Die Ankündigung einer teilweisen Impfpflicht in Frankreich hat die betroffenen Branchen offenbar aufgeschreckt. Am Tag nach Macrons Ankündigung ließen sich so viele Menschen wie noch nie seit Beginn der Kampagne impfen: über 800.000.

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Das Impftempo in Frankreich hat vor Beginn der Sommerferien stärker abgenommen als erhofft - deshalb hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine umstrittene Entscheidung getroffen.

Alle Beschäftigten im Gesundheitssektor und im Pflegebereich müssen sich bis spätestens 15. September impfen lassen. Andernfalls werden sie freigestellt und nicht mehr entlohnt.

Die Zahl der Betroffenen beträgt nach Regierungsangaben bis zu anderthalb Millionen Menschen. Im Gesundheits- und Pflegebereich lag die Impfbereitschaft laut Medienberichten nur bei etwa 55 Prozent und damit unter den Erwartungen von Gesundheitsminister Olivier Véran.

Er zeigte sich begeistert, dass nach Macrons Ankündigung noch Montagabend 926.000 Menschen einen Impftermin online auf dem Portal doctolib buchten. Auf die Impfwilligen würden zehntausende Mitarbeitende von Impfzentren warten, twitterte Véran.

Stimmen aus Paris

Menschen in Paris reagierten unterschiedlich auf die Impfpflicht. Einer Passantin gejht sie zu weit: "Ich bin nicht gegen Impfungen, aber es geht mir um das Prinzip der Impfpflicht. Jeder hat das Recht zu tun, was er will, aber trotzdem bin ich generell absolut nicht gegen Impfungen."

Ein Mann meinte: "Wir sind in Frankreich, wir haben das Glück, Impfstoffe zu haben, während es Länder gibt, die sie bis heute nicht haben. Manchmal sind wir uns nicht ausreichend bewusst, wie glücklich wir sind, in Frankreich zu sein und unsere Gesundheit schützen zu können."

Eine bereits geschützte junge Frau gab zu, keine Überzeugungstäterin zu sein: "Ich bin geimpft. Ich habe es getan, weil ich wusste, dass es so weit kommen würde. Das hab ich vorausgesehen, aber ich habe mich nicht wirklich aus Überzeugung oder für meine Gesundheit impfen lassen, sondern wirklich nur, um reisen zu können und mich wohl zu fühlen."

Impf-Rekord am Tag danach

An diesem Dienstag verzeichnete die Nationale Gesundheitsdirektion einen Impfrekord von über 800.000 verabreichten Dosen. Darunter waren 270.000 Erstimpfungen. Viele von ihnen dürften sich spontan nach der Macron-Rede zum Gang ins Impfzentrum entschlossen haben.

Die Rede am Montagabend zog 22 Millionen Menschen vor die Fernseher, also fast ein Drittel der Bevölkerung.

Kino, Restaurant und Zug nur noch für Geimpfte oder Getestete

Der Präsident kündigte auch Alltagseinschränkungen an. Ab dem 21. Juli darf nur noch kulturelle Veranstaltungen wie Kino und Theater besuchen, wer vollständig geimpft, negativ getestet oder nachweislich von Covid-19 genesen ist.

Ab 1. August werden die drei Kriterien auch im Bahnfern- und Flugverkehr, in Einkaufszentren, Krankenhäusern, Altenheimen sowie in gastronomischen Betrieben gelten. Bis zum 30. August, also etwa dem Ende der Sommerferien, fallen 12 - 17-Jährige noch nicht unter die Bestimmungen.

Bescheidene Impfquote in Frankreich

Rund 53 Prozent der französischen Bevölkerung sind einmal geimpft, 40 Prozent haben den Vollschutz. Das ist im EU-Vergleich unteres Mittelfeld. Véran kündigte an diesem Dienstagabend ebenfalls an, dass die Karenzzeit nach der zweiten Impfung auf sieben Tage verkürzt wird. EU-weit gilte eine Frist von 14 Tagen.

Auch die französische Arbeitsministerin Élisabeth Borne ging am Tag nach Macrons Rede ins Detail. Bezüglich der Folgen einer Ignorierung der Impfpflicht bekämen Betroffene ab Mitte September keinen Lohn mehr und ihr Arbeitsvertrag wird für einen bis anderthalb Monate ausgesetzt. Verweigern sie sich dann immer noch einer Impfung, sollen Suspendierungen oder Entlassungen möglich gemacht werden.

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