"Ihr werdet belogen" - Redakteurin unterbricht TV-News und landet vor Gericht

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Mit einer aufsehenerregenden Protestaktion hat eine Frau am Montagabend die Live-Hauptnachrichten des russischen Fernsehens unterbrochen.

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Die Journalistin Marina Ovsyannikova ist an diesem Dienstag in Moskau vor Gericht gestellt worden, nachdem sie in den Nachrichten eines halbstaatlichen Senders zur besten Sendezeit den Krieg gegen die Ukraine angeprangert hatte.

Auf Twitter teilt eine Unterstützerin des Netzwerkes von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny (der selbst inhaftiert ist) ein Foto der Redakteurin mit ihrem Anwalt. Zunächst wird Marina Ovsyannikova "nur" die "Organisation eines nicht erlaubten öffentlichen Ereignisses" zur Last gelegt.

Nach dem Protest während der Ausstrahlung der Nachrichten war die russische TV-Redakteurin, die mit einem Protest-Plakat aufgetreten war, am Dienstagvormittag zunächst verschwunden. Das meldete der Sprecher des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell. Demnach durften ihre Anwälte keinen Kontakt zu ihr aufnehmen.

Den Medien in Russland ist es verboten, die Militäraktion in der Ukraine als Krieg oder Invasion zu bezeichnen. Laut offizieller Version des Kreml handelt es sich um eine "militärischen Spezialoperation".

Zerstörung und Leid reißen nicht ab

Am 20. Tag der russischen Invasion wurden neue Angriffe auch aus weiteren Städten gemeldet. In der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol steigen unter Beschuss durch russische Truppen die Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung. Nach offiziellen Angaben kamen dort inzwischen mehr als 2.300 Menschen ums Leben.

Mariupol hat etwa 400.000 Einwohner:innen und ist seit Tagen von russischen Einheiten umzingelt und vom Rest des Landes abgeschnitten. Aus der Stadtverwaltung heißt es, es gebe "kein Essen, kein Wasser, kein Licht und keine Wärme". Deshalb befürchte man mehr Tote, es könnten bis zu 20.000 sein.

160 zivile Fahrzeuge konnten die Stadt am Montag über einen humanitären Fluchtkorridor verlassen. Mariupol gilt als Symbol des ukrainischen Widerstands - seit dem Beginn des Krieges im ostukrainischen Donbass 2014 wurden mehrere Versuche prorussischer Separatisten abgewehrt, die Stadt einzunehmen.

Russlands Bombardement der ukrainischen Großstädte hat fast drei Millionen Menschen zur Flucht aus dem Land gezwungen. Rund 44 Millionen leben dort. Trotz dieses Bombardements glaubt das Pentagon, dass die Invasion für die Russen immer noch nicht nach Plan verlaufe.

"Das ändert nichts an unserer Auffassung, dass sie weiterhin durch einen sehr harten ukrainischen Widerstand frustriert sind und sie nicht die Fortschritte machen, die sie zu diesem Zeitpunkt machen könnten", sagte Sprecher John Kirby in Washington.

Drei Millionen haben das Land verlassen - Fluchtkorridore werden beschossen

Am Montag waren nach Angaben aus Kiew nur sieben der zehn geplanten landesweiten Fluchtkorridore aus besonders umkämpften Städten und Dörfern sicher und konnten genutzt werden. Dabei seien rund 4.000 Menschen in andere Gebiete gebracht worden.

Die ukrainischen Behörden warfen Russland zudem vor, Fahrzeuge mit flüchtenden Zivilisten aus dem Ort Hostomel bei Kiew mit Mörsern beschossen zu haben. Dabei seien eine Frau getötet und zwei Männer verletzt worden. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.

In der ostukrainischen Großstadt Donezk sind nach Angaben aus Moskau und der prorussischen Separatisten mindestens 20 Menschen bei einem ukrainischen Raketenangriff getötet worden. Moskau und Donezk sagen, es habe sich um eine verbotene Streubombe gehandelt. Die Ukraine bestreitet den Angriff.

Ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums versprach, als Vergeltung ukrainische Anlagen zum Bau von Raketen zu zerstören.

Spektakulärer Protest im russischen Live-TV: Was ist genau passiert?

Mit einer aufsehenerregenden Protestaktion hat eine Frau am Montagabend die Live-Hauptnachrichten des russischen Fernsehens unterbrochen. Die Mitarbeiterin von Channel 1 hielt ein Plakat in die Kamera und rief "Nein zum Krieg" und "Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Ihr werdet belogen." Maria Ovsyannikova wurde verhaftet. Vor ihrem Protest hatte sie eine Botschaft aufgenommen.

Der Sender schaltete schnell von seiner Livesendung auf einen Videobeitrag um. Seit dem russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar hat Moskau den Druck auf die nationale Medienlandschaft erhöht.

Ein neues Gesetz verpflichtet russischen Medien, nur auf der Grundlage von Daten aus offiziellen russischen Quellen über die Ereignisse in der Ukraine zu berichten. Seidem ist es Journalisten verboten, den russischen Einmarsch als "Krieg" oder "Invasion" zu nennen. Stattdessen ist offiziell von einer "militärischen Spezialoperation" die Rede.

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