Nach Sturm auf Regierungsviertel: Ermittlungen in Brasilien

Zerstörung in Brasilia nach dem Sturm auf das Regierungsviertel
Zerstörung in Brasilia nach dem Sturm auf das Regierungsviertel Copyright Eraldo Peres/ AP
Von Anelise Borges mit dpa, AP, AFP
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Über 90 Prozent der Brasilianer verurteilen den Sturm auf das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasilia durch radikale Bolsonaro-Anhänger.

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In Brasilien gehen die Ermittlungen nach dem Sturm auf das Regierungsviertel weiter. Die Hauptstadt Brasilia ist Tatort, die Polizei stellt immer noch Beweise sicher, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Über 90 Prozent der Brasilianer lehnen Sturm auf Regierungsviertel ab

Die meisten Brasilianer verurteilen den Angriff radikaler Anhänger des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasília. 93 Prozent lehnten den Sturm auf Kongress, Regierungssitz und Obersten Gerichtshof ab, teilte das Meinungsforschungsinstitut Datafolha am Mittwoch mit.

"Das war ein sehr konkreter Angriff, ein Akt des Vandalismus! Wirklicher Wahnsinn, nur weil ihnen die Wahlergebnisse nicht passen. Ich mochte die von 2018 auch nicht, habe aber nichts deswegen zerstört", sagt eine Passantin in Brasilia. 

Nur drei Prozent der Befragten unterstützten die Attacke, bei der am Sonntag Bolsonaro-Anhänger den Kongress, den Regierungssitz und den Obersten Gerichtshof in Brasília gestürmt hatten und erhebliche Schäden verursacht haben. Erst nach Stunden bekamen Sicherheitskräfte die Lage wieder in den Griff.

Bolsonaros Nachfolger Luiz Inácio Lula da Silva warf dem Ex-Präsidenten vor, seine Anhänger aufgestachelt zu haben, dieser wies die Anschuldigungen zurück.

Manche sind skeptisch gegenüber den Zitat "Lügen der Mainstream-Medien": "Auch mit Lula in der Regierung gab es immer solche Demonstrationen, der "Landlosenbewegung" und der indigenen Demonstranten, wo sie alles kaputt gemacht haben - und jetzt nennen sie das auf einmal antidemokratisch und terroristisch? Damals waren das also auch Terroristen, warum hat sie damals niemand so genannt? Und damals wurde niemand eingesperrt, es gab keine Ermittlungen," sagt eine Frau.

Mindestens 500 000 Euro Sachschade allein in Brasiliens Kongress

Insgesamt 1500 Personen wurden festgenommen, viele sind weiter in Polizeigewahrsam. Die Behörden haben 5 Tage Zeit, um sie mit Beweisen zu belasten.

Allein in der Abgeordnetenkammer haben die Angreifer mindestens Schäden in Höhe von über drei Millionen Reais (rund 540 000 Euro) 500 000 Euro angerichtet. Diese vorläufige Schätzung bezieht sich aber lediglich auf zerstörte Möbel, Fensterscheiben und Computer, Schäden die ersetzt werden könnten. Der Wert der zerstörten und gestohlenen Kunstwerte hingegen sei noch nicht einschätzbar.

Die Angreifer waren nicht nur in die Abgeordnetenkammer eingedrungen, sondern auch in den Regierungssitz und den Obersten Gerichtshof und randalierten in den Büros und Sitzungssälen. Für diese Gebäude liegen noch gar keine Schätzungen vor.

Angst vor Attacken: Sicherheit in Hauptstadt Brasiliens verstärkt

Der ehemalige brasilianische Justizminister José Eduardo Cardozo fordert ein energisches Vorgehen: "Die Demokratie toleriert alles, außer Handlungen, die zum Ziel haben, sie zu zerstören. Wenn wir nicht energisch gegen diejenigen vorgehen, die die Demokratie verletzen wollen, werden wir sie verlieren. Die Verantwortlichen müssen hinter Gitter gebracht werden und diejenigen, die politisch agiert haben, müssen ihre Mandate verlieren. Und aus Sicht der zivilrechtlichen Verantwortung müssen sie den Schaden aus eigener Tasche bezahlen, der dem öffentlichen Erbe zugefügt wurde."

Es wird einige Zeit dauern, bis Brasiliens Behörden und auch die Menschen verarbeiten, was hier passiert ist.

Doch die Sicherheitsmaßnahmen in der Hauptstadt Brasília wurden nochmals verschärft. Denn Bolsonaro-Anhänger haben schon wieder für Mittwochabend (Ortszeit) zu einer - Zitat "Mega-Demonstration zur Wiedererlangung der Macht" in allen Landeshauptstädten Brasiliens aufgerufen.

Journalist • Julika Herzog

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